Wenn der Bürgersteig zum Atelier wird

19.6.2012, 10:00 Uhr
Wenn der Bürgersteig zum Atelier wird

© Harald Sippel

Voll cool oder voll schwul? Das ist hier die Frage. Beide Kommentare hat die Künstlerin Larissa Wagner an diesem Vormittag schon gehört. Die 38-Jährige arbeitet unter freiem Himmel an einem zwei mal zwei Meter großen Werk — und ist den Blicken und Sprüchen der vorbeilaufenden Berufsschüler ausgesetzt.

Genau das ist allerdings das Ziel der Aktion „Kunstzusehen“, die Georg Dengel vor fünf Jahren ins Leben gerufen hat. Der Sozialpädagoge für Berufsschüler stellte bei seinen Schützlingen fest, dass sie mit Kunst meist nichts anfangen können. „Ihr könnt das auch! Denn jeder Künstler muss auch ein Handwerker sein“, lautete daraufhin die Parole des 45-Jährigen.

Eine freie weiße Fläche in der Wieselerstraße 14 gegenüber der Berufsschule ist daher für die Kreativität des Nachwuchses reserviert, der sich in der Mittagspause austoben darf. Täglich laufen schließlich zig junge Menschen an den fünf Pressspanplatten vorbei. Dengel hat Künstlerinnen und Künstler aus der Region eingeladen, in den kommenden Wochen live unter freiem Himmel zu malen und die Jugendlichen sowie Passanten zu konfrontieren und inspirieren. Normalerweise wagt sich ein Künstler ja selten aus seinem Atelier heraus. Auch für Larissa Wagner ist die Situation ungewohnt. „Man muss sich schon anders konzentrieren, weil man dauernd abgelenkt wird“, sagt die Kommunikationsdesignerin und Tattoo-Künstlerin. „Machst du auch Bodypainting?“, will ein junger Mann zum Beispiel wissen und findet das entstehende Bild „geil“.

Morgen geht die Aktion weiter, mit einer Performance von Malerin Uschi Faltenbacher und Musiker Fred Munkert (12 Uhr), weitere Termine folgen. Die fertigen Werke werden am 21. Juli präsentiert (19 Uhr), gleichzeitig werden die Arbeiten des vergangenen Jahres für einen guten Zweck versteigert.

Respekt vorhanden

Diese Ergebnisse, unter anderem von Zeichner Gerd Bauer gestaltet, hingen bis jetzt, also ein ganzes Jahr, im Freien. „Niemand hat gewagt, sie zu beschmieren. Da scheint also ein gewisser Respekt vorhanden zu sein“, sagt Georg Dengel. Einzig ein Aufkleber und die Hinterlassenschaften eines Vogels „zierten“ die Kunstwerke. Das Projekt wird fotografisch und filmisch dokumentiert und steht in Kürze zum Abruf auf der Homepage zur Verfügung.

Nächster Termin der Aktion ist am morgigen Mittwoch, 20. Juni,  um 12 Uhr.

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