Wie Andy Warhol ins Kunstpalais Erlangen kam

23.11.2017, 14:00 Uhr
Wie Andy Warhol ins Kunstpalais Erlangen kam

© Katalog Kunstpalais Erlangen

Klaus vom Bruch mag es bunt. In seiner wandfüllenden Fotoserie "Kinder des Olymp" tummeln sich in den 1970er Jahren junge Künstler wie Rebecca Horn, Sigmar Polke, Louise Bourgeoise und Isa Genzken im nachträglich aufgebrachten Konfetti-Regen. Die knallbunt gerahmten Schwarzweißbilder sind gleichsam die Ouvertüre zu einer Ausstellung, die laut Amely Deiss, der Leiterin des Kunstpalais und der Städtischen Sammlung Erlangen, die Angst vor der Kunst nehmen und die Lust auf sie wecken soll. Nicht von ungefähr ist die Schau mit dem poppigen Titel "Greatest Hits. Das Beste der 60er, 70er, 80er und von heute — aus der Städtischen Sammlung Erlangen" überschrieben. Denn statt sie nach Themen, Stilen oder chronologisch zu ordnen, haben Deiss und ihre Kokuratorin Jolanda Bozzetti die ausgestellten Werke wie Songs auf einem Mixtape ganz intuitiv kombiniert.

Dazu passt, dass die Ausstellungsmacherinnen bewusst auf ein "White- Cube"-Ambiente verzichtet haben. Die Wände sind in knalligen Farben gestrichen, was der Präsentation einen fröhlichen, unakademischen Charakter verleiht. Und die Kunst womöglich nahbarer macht.

Dabei sind viele der hier vertretenen Künstler bereits ein Lockmittel für sich. Ihre Namen lesen sich wie ein "Who is Who" der jüngeren Kunstgeschichte. Von Marina Abramovic über Rupprecht Geiger und Josepf Beuys bis zu Rebecca Horn, Michelangelo Pistoletto und Thomas Ruff reicht das Spektrum. Andy Warhol ist genauso darunter wie Sol LeWitt, Josef Albers und Juergen Teller.

Wie kommt eine Städtische Sammlung an solche Künstler-Stars? Gestartet wurde die Kollektion in den 1970er Jahren vom späteren Kulturamtsleiter Karl Manfred Fischer, der die Werke in der Folge gemeinsam mit Lisa Puyplat, der damaligen Leiterin der Städtischen Galerie, erwarb. Man konzentrierte sich auf Multiples, Mappenwerke, Künstlerbücher und Druckgrafiken. Also auf erschwingliche Originale, von denen mehrere Auflagen existieren, statt auf teure Unikate. "Das lag damals im Trend", erklärt Deiss. "Die Künstler begannen, ihre Kunst zu demokratisieren". Dass die Arbeiten oft kurz nach ihrer Entstehung erworben wurden, dürfte sich ebenfalls günstig auf den Preis ausgewirkt haben.

Wie Andy Warhol ins Kunstpalais Erlangen kam

© Foto: Harald Sippel

So war etwa Warhols ikonische, zehnteilige Siebdruck-Serie "Electric Chairs" von 1972 im Jahr 1979 ein echtes Schnäppchen und für 3675 Mark zu haben. Heute, so schätzt Amely Deiss, dürfte sie rund 100 000 Euro wert sein. Beuys’ aus Konservendosen und Kordel bestehendes "Telephone E-S" von 1974, von dem es nur 24 Exemplare gibt, wurde 1980 für 2400 Mark gekauft. Wie viel dafür heute auf einschlägigen Auktionen geboten werden würde? Schwer abzuschätzen.

Festhalten am Konzept

Fischer und Puyplat erwarben damals Arbeiten, die sie für nachhaltig und kunsthistorisch relevant hielten. An ihrer Sammlungsidee — die eben auch die Anschaffung von Multiples und Druckgrafiken einschließt — hält man bis heute fest. "Man darf sich da nicht nach rechts und links verzetteln", betont Deiss. Bei einer Sammlung brauche es eine Eingrenzung, sonst drohe der Gemischtwarenladen. Auch Schenkungen seien daher oft problematisch. Vielmehr hält man Ausschau nach Talenten, die das Zeug zum "Rising Star" haben.

Große Sprünge kann man mit einem Einkaufsetat von nur 2000 Euro pro Jahr auf dem aktuell überhitzen Kunstmarkt allerdings nicht machen. Deshalb ist der Erlanger Stadtrat nun aufgefordert, das Budget "deutlich zu erhöhen". "Einen Juergen Teller könnten wir uns nie leisten", sagt die Kunstpalais-Chefin. Trotzdem ist eine Foto-Serie des Starfotografen in der Sammlung gelandet. Teller hatte sie dem Haus nach seiner erfolgreichen Ausstellung im Frühjahr 2017 überlassen. Seine Schülerin Lilly Urbat ist ebenfalls in der Schau vertreten. Die Anschaffung von zwei ausgestellten Werken — eine Fotografie von Halil Altindere und ein Multiple von Alicja Kwade — können die Besucher mit Spenden unterstützen. "Die muss man jetzt kaufen, bevor sie unerschwinglich werden", sagt Deiss.

Kunstpalais, Erlangen, Marktplatz 1: "Greatest Hits. Das Beste der 60er, 70er, 80er und von heute – aus der Städtischen Sammlung Erlangen". Eröffnung mit Party und Karaoke am 25. November, 19 Uhr. Bis 11. Februar 2018. Di.-So.10–18, Mi. 10-20 Uhr.

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