Zwei Geistesgrößen als komische Käuze

25.10.2012, 00:00 Uhr

Die meisten, die sich nun diesen Abenteuer-Film ansehen, werden wohl auch den 2005 erschienenen Roman gelesen haben. Von dem hat Daniel Kehlmann inzwischen rund drei Millionen Stück verkauft. Zur Erinnerung: Verhandelt wird darin die zwischen dem Ende des 18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts spielende Doppelbiografie des Naturforschers Alexander von Humboldt und des Mathematikers Carl Friedrich Gauß.

Die beiden deutschen Geistesgrößen treffen sich kurz als junge Burschen am Hof des Herzogs von Braunschweig, dann erst wieder im Alter auf einem Kongress in Berlin. Dazwischen verläuft ihr ganz und gar unterschiedliches Leben so parallel wie zwei Geraden. Kehlmann zeichnet es mit viel Lakonie und ironischem Witz kurzweilig nach. Das, nicht so sehr der Stoff selbst, macht seinen Roman für die Leser reizvoll.

Allerdings konnte er sich als Schriftsteller alle Zeit der Welt für diese Geschichte nehmen. Ein Filmemacher, der ganz offensichtlich vor allem auf Optik und Unterhaltung setzt, muss da schon mehr aufs Tempo drücken, damit der Zuschauer beim ständigen Wechsel zwischen den Erzählsträngen den Faden nicht verliert.

In diesem Fall haben sich beide für das Drehbuch zusammengetan. Dessen Umsetzung kostete Detlev Buck („Männerpension“, „Knallhart“, „Same same but different“) gerade mal knappe 40 Tage. In etwa so eilig kommt der Film daher. Einer tiefer gehenden Figurenzeichnung dient das nicht, aber die war ja auch im Roman nicht unbedingt vorhanden.

Dabei hätten das zwei so gegensätzliche Charaktere wie der aus einfachen Verhältnissen stammende Stubenhocker Gauß und der rastlose adelige Weltenforscher Humboldt verdient. Denn hier geht es immerhin um zwei Männer, die der Welt durch ihre Besessenheit und Hartnäckigkeit zu neuen Erkenntnissen verhalfen.

Doch Buck konzentriert sich lieber auf die komischen Seiten seiner Protagonisten, scheint sie nicht ganz ernst zu nehmen. Humboldt erscheint bei ihm als verklemmter, wenn auch sympathischer Wissenschafts-Nerd mit Ordnungswahn, Gauß wird im Alter zum Misanthropen.

Unverbrauchte Darsteller

Ein goldenes Händchen hatte Buck dagegen bei der Auswahl seiner Hauptdarsteller: Albrecht Abraham Schuch als Humboldt, Jérémy Kapone als sein Reisebegleiter Bonpland — und vor allem Florian David Fitz als Gauß sind unverbrauchte, großartige Schauspieler, die ihre Figuren trotz allem zu Sympathieträgern machen.

Dass man ihrer Geschichte in 3D folgt, hat natürlich viel mit Effekt zu tun. Und macht bei Humboldts an Werner Herzogs „Fitzgarraldo“ erinnernden Trip durch den Urwald, auf dem Orinoco bis hinauf auf den Chimborazo auch wirklich Sinn. Hier entstehen eindrucksvolle Bilder. Klassenzimmer-Szenen, erhobene Zeigefinger und barbarische Zahn-Operationen muss man nicht unbedingt dreidimensional haben.

Alles in allem ist die Leinwandversion der „Vermessung der Welt“ kurzweilige opulent ausgestattete Unterhaltung, die mächtig auf den Putz haut, aber dadurch die Feinzeichnung ziemlich aus den Augen verliert. (D/A/122 Min.; Admiral, Cinecittà, Nürnberg; CineStar und Manhattan, Erlangen)
 

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