"Zwischen den Jahren": Narben in der Seele heilen nie

16.3.2017, 20:00 Uhr

© Foto: Temperclayfilm

Jeder, auch wenn er schwerste Verbrechen begangen hat, hat in der Bundesrepublik das Recht auf eine zweite Chance. Natürlich erst, nachdem er seine Strafe verbüßt hat. Soweit die Theorie. Der frisch aus der Haft entlassene Doppelmörder Becker (Peter Kurth) muss erfahren, dass sich die Praxis bisweilen schwieriger gestaltet. Zwar hat er eine Stelle als Wachposten in einem Lagerhaus gefunden. Und mit der in derselben Firma arbeitenden alleinerziehenden Rita (Catrin Striebeck) bahnt sich sogar eine Beziehung an.

Doch Dahlmann (Karl Markovicz) – jener Mann, dem er die Frau und die Tochter genommen hat – sinnt auf Rache. Alkoholkrank, hoch verschuldet und noch immer schwer traumatisiert, hat das einstige Opfer anscheinend nichts zu verlieren. Und auch Becker ist freilich keineswegs wirklich mit sich im Reinen. Seine Seele weist tiefe Narben auf. Noch immer brodeln in ihm aggressive Neigungen, auch wenn sie nur noch selten an die Oberfläche gelangen. Doch die permanente Bedrohungslage lässt die Schwelle zur Gewalt kontinuierlich sinken. Es kommt zum großen Duell zweier psychisch schwer deformierter Menschen . . .

Eigenwilliges Genrekino

Henning verzichtet auf Klischees und Schwarz-Weiß-Malerei. Im Verbund mit seinem hervorragenden Hauptdarsteller Peter Kurth, der zuletzt in "Herbert" eine brillante Leistung zeigte, gelingt ihm sehr interessantes und sehr eigenwilliges deutsches Genrekino. Der Film findet zwar nicht ganz zu dem großen eigenen Mythos, nach dem er sichtlich sucht. Dafür ist das Ende dann doch nicht kraftvoll genug geraten. Aber sehenswert ist "Zwischen den Jahren" allemal. (D/97 Min.)

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