Märchenhaftes aus dem Ofen

10.11.2016, 15:28 Uhr
Märchenhaftes aus dem Ofen

© Foto: Sabine Rempe

Katharina Kempf strahlt. Das passiert eigentlich immer, sobald sich das Gespräch um ihren Broterwerb dreht. Seit vier Jahren arbeitet sie bei Roland Streicher in Großhabersdorf und war mit ihrem Chef im vergangenen Jahr dabei, als Johann Lafer im Fernsehen „Deutschlands besten Bäcker“ suchte (die FN berichteten). Die Frage, ob sie ihren Traumjob gefunden hat, erübrigt sich. „Ich hab‘ mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt die zierliche junge Frau, die nach der Schule zunächst eine Konditorlehre absolvierte.

„Hervorragende Idee“

Ihr nächstes Ziel war der Meistertitel in diesem Handwerk, seit 2013 kann sie ihn führen. Nach der Geburt ihrer Tochter ging sie in Elternzeit und hatte eine Idee: „Ich bin zu Roland Streicher und habe gesagt, dass ich zusätzlich noch eine Bäckerlehre anschließen möchte.“

Der Großhabersdorfer Bäcker nickt: „Das war eine hervorragende Idee.“ Und das nicht nur, weil er — wie auch jetzt wieder — für sein starkes Team Verstärkung suchte, sondern auch, weil er von Katharina Kempfs Kreativität, Können und Einsatz begeistert ist. „Ich bin eigentlich nicht überschwänglich, aber da ziehe ich sämtliche Konditorhüte und Bäckermützen, die ich je auf hatte“, macht er ein dickes Kompliment.

Nicht nur ihre Ausbildung als Bäckerin hat die so Gelobte längst abgeschlossen, seit Juni trägt sie auch diesen weiteren Meistertitel. Jetzt steht die 24-Jährige vor der nächsten Herausforderung: In Weinheim, dort ist die Akademie des Deutschen Bäckerhandwerks, messen sich die 16 besten jungen Kollegen dieses Fachs. Aus jedem Bundesland kommt ein Vertreter des Handwerks, der sich zuvor in Vorentscheiden hatte durchsetzen müssen.

Katharina hat sich zuerst als mittelfränkische Innungssiegerin an die Spitze gestellt und dann im niederbayerischen Straubing den Landeswettkampf im Freistaat für sich entschieden. Das Thema, das hier und auch in Weinheim zu bearbeiten ist, kommt aus dem großen Reich der Märchen.

Nebenbei üben

„In Straubing habe ich ein Hexenhaus aus Brotteig gemacht“, erzählt die doppelte Meisterin. Das klingt erst einmal vielleicht nicht ganz so spektakulär, wie es in Wahrheit ist: Katharina zauberte ein dreidimensionales Kunstwerk, dessen Herstellung sehr anspruchsvoll war. Seither hat sie sich auf den bundesweiten Entscheid vorbereitet. Wie kann man sich das vorstellen?

„Ich übe nebenbei“, sagt die junge Mutter mit den zwei Meistertiteln, die aus Windsbach stammt. Und das klingt schon wieder ein bisschen lässiger, als es bei näherer Betrachtung ist.

Ihr Tag beginnt, wenn andere fest schlafen, um Mitternacht. Dann fährt sie nach Großhabersdorf und steht bis 11.30 Uhr in der Backstube. Anschließend geht es zurück: „Dann hole ich im Kindergarten meine Tochter ab.“ Die Betreuung klappt dank ihrer Eltern. „Wenn ich die nicht hätte . . ., gesteht sie. „Welcher Babysitter käme schließlich um 0 Uhr?“ Endgültig Feierabend ist für sie übrigens noch vor der Tagesschau: „Ich geh‘ immer so gegen 19.30 Uhr schlafen.“

Seit diesem Sommer ist sie in der Großhabersdorfer Bäckerei Streicher Betriebsleiterin. „Sie ist meine rechte Hand“, erklärt der Chef. „Hier arbeiten sehr gute Leute, aber außer mir ist sie die einzige, die alle Bereiche und Aufgaben besetzen kann, weil sie eben Konditor- und Bäckermeisterin ist.“

Was schätzt Katharina an ihrem Beruf ganz besonders? „Ich kann ständig Neues entdecken, etwas ausprobieren. Man bleibt nie hocken, sondern kommt weiter. Und ich hab‘ die Gelegenheit, meine Kreativität auszuleben.“

Das tut sie zum Beispiel, wenn es um außergewöhnliche Torten geht. „Finde ich toll, weil es eine ständige Herausforderung ist.“ Der Chef zückt das Handy und zeigt die bereits gemeinsam gefertigten süßen Kunstwerke: Eine Torte zum Thema Batman, ein Laptop-Kuchen und viele elegante Kreationen mit zarten Blumenarrangements, die nicht nur bewundert, sondern auch genossen werden dürfen. Das nächste Foto zeigt eine originalgetreue Carrerabahn, für viel Gäste musste sie mehr als einen Quadratmeter groß sein: „Schwarzwälder Kirsch mit Deko und alles war essbar.“

„Uns fällt noch was ein“

In Weinheim wird sich Katharina Kempf am Samstag freilich nicht als Konditorin, sondern als Bäckerin der Konkurrenz stellen. Lampenfieber? Sie schaut ein bisschen erstaunt. „Nö.“ Und überhaupt: Nach der Meisterschaft ist vor dem nächsten Wettbewerb. „Wir haben uns da schon wieder so einiges vorgenommen“, verrät Roland Streicher. „Uns fällt hier noch eine Menge ein.“

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