Markt Feucht: Sind die Rücklagen bis 2019 aufgebraucht?

1.2.2018, 11:32 Uhr
Zwar betonten Vertreter aller Fraktionen, dass Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung richtig und wichtig seien. Nichtsdestotrotz fühlt sich die Gemeinde mit der finanziellen Last ein Stück weit allein gelassen.

Zwar betonten Vertreter aller Fraktionen, dass Investitionen in Bildung und Kinderbetreuung richtig und wichtig seien. Nichtsdestotrotz fühlt sich die Gemeinde mit der finanziellen Last ein Stück weit allein gelassen.

Der Markt Feucht bringt allein für Kindertageseinrichtungen und deren Personal knapp 3,5 Millionen Euro auf. Hinzu kommen noch freiwillige Leistungen wie Ganztagesbetreuung oder der Einsatz von Heil- und Sozialpädagogen, die Kosten von etwa 170.000 Euro verursachen. "Von Jahr zu Jahr engen uns diese Ausgaben immer mehr ein", sagte Bürgermeister Konrad Rupprecht (CSU) in seiner Haushaltsrede und erklärte, dass die Ausgaben in Feucht höher seien als in vergleichbaren Kommunen und zudem unverhältnismäßig stark wüchsen. Rupprecht macht dies an drei Gründen fest: Geburtenrate, Großstadtnähe und Parkside.

Warum in Feucht in den vergangenen Jahren mehr Einwohner Eltern geworden sind – binnen drei Jahren stieg die Zahl der betreuten Kinder um ein Viertel – als in vergleichbaren Kommunen, kann auch er sich nicht schlüssig erklären. Dass die Feuchter Eltern einen höheren Bedarf und ein größeres Bedürfnis nach Kinderbetreuung haben, erklärt sich Rupprecht mit der Nähe zur Großstadt und der damit einhergehenden Lebenseinstellung. Und nicht zuletzt habe das Wohngebiet Parkside zur steigenden Nachfrage beigetragen. "Dort leben viele Eltern, die nicht nur arbeiten wollen, sondern auch müssen, um ihr Häuschen abzubezahlen", meint Rupprecht auf Nachfrage des Boten.

"Kosten laufen davon"

Der Bürgermeister fordert deshalb – wie auch die SPD-Fraktion – Unterstützung von Bund und Land. "Es ist ja Geld da. Man diskutiert gerade ja nicht, wo man es einsparen, sondern wie man es ausgeben kann." Einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Grundschüler, wie er in Sondierungs- und Koalitionsgesprächen in Berlin diskutiert wird, sieht Rupprecht zwar als ein sinnvolles Ziel, zum jetzigen Zeitpunkt aber als "ein Ding der Unmöglichkeit". Das könnten nur ganz wenige Kommunen in Deutschland leisten. Wenn der Bund ein Gesetz beschließt, dann müsse er sich auch um die Lösung der Finanzierung kümmern, meint der Feuchter Bürgermeister pragmatisch.

"Die Investitionskosten für Kindertageseinrichtungen werden vom Bund wirklich gut gefördert", sagt Rupprecht weiter, "aber die laufenden Kosten laufen immer mehr davon". Bei einer Veranstaltung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes habe er kürzlich erst erfahren, wie die Kosten für Bildung und Kinderbetreuung nicht wenigen Kommunen die Luft abschnürten.

"Tafelsilber zu großem Teil verkauft"

Kommunen wie Feucht treffe die Kostensteigerung zwar nicht so hart wie Städte und Gemeinden in manch anderem Bundesland. Dennoch bewahrt in diesem Jahr allein der Verkauf von Grundstücken an Bienenweg, Liegnitzer Straße und in der Zeidlersiedlung für rund 3,5 Millionen Euro vor der Aufnahme von Krediten zum Ausgleich des Haushalts. "Damit hat der Markt Feucht sein Tafelsilber zu einem großen Teil verkauft", sagte dritter Bürgermeister und Sprecher der Kleinen, Gerd Steuer, in seiner Haushaltsrede.

"Die Kleinen haben heftige Bauchschmerzen bei der Zustimmung zum vorliegenden Plan", sagte Steuer weiter und prognostizierte für die nahe Zukunft erhebliche Schwierigkeiten bei der Finanzierung des Verwaltungshaushaltes. Gründe dafür sieht er bei kommunalen Einrichtungen, der Kinderbetreuung, den Personalkosten sowie der finanziellen Förderung von Vereinen und Verbänden. Ferner kritisierte er diverse Baumaßnahmen der vergangenen Jahre, die ihren jeweiligen Kostenrahmen nicht hielten. Für die Jahre 2014 bis 2017 rechnete er dem Marktgemeinderat Mehrkosten in Höhe von 1,75 Millionen Euro vor. "Der absolute Renner war die Wilhelm-Baum-Sporthalle mit allein 1,08 Millionen."

Kürzung der Zuschüsse?

In der Tat arbeiten einige kommunale Einrichtungen nicht kostendeckend. Allen voran das Jugendzentrum, das weniger als ein Prozent seiner Kosten wieder einspielt. Fast 300.000 Euro legt die Gemeinde hier drauf. Nicht wesentlich besser stehen Bücherei sowie Sport- und Veranstaltungshallen da. Insgesamt lässt sich die Gemeinde diese Einrichtungen rund 950.000 Euro kosten. Der Kulturkreis schlägt mit weiteren rund 60.000 Euro zu Buche. Grundsätzliche Kritik gab es an diesen Ausgaben in den Haushaltsreden der Fraktionen zwar nicht. Jedoch mahnte Steuer beispielsweise an: "Sollte sich die Einnahmesituation nicht ändern, muss auch bei diesen Einrichtungen an die Erhöhung von Benutzungsgebühren und an die Kürzung der Zuschüsse gedacht werden."

Ganz ähnlich beurteilte Alexander Hommel (CSU) die Situation: Es sei keine Selbstverständlichkeit, "immer auf alle Wünsche mit einem Ja zu reagieren". Die SPD hingegen merkte an, dass für Senioren noch viel zu wenig Geld in die Hand genommen werde. "Außer für die drei Seniorenveranstaltungen im Jahr und Zuschüsse an die Ambulanten Pflegedienste in Höhe von 15.000 Euro wird kein Geld ausgegeben", meinte Inge Jabs und schlug vor, die neue Senioreneinrichtung der Rummelsberger Diakonie mit kommunalen Leistungen zu unterstützen.

Rücklagen 2019 aufgezehrt?

Kämmerer Peter Friedl rechnet damit, dass bei unveränderter Ausgaben- und Einnahmensituation die Rücklagen der Marktgemeinde im Laufe des nächsten Jahres abgeschmolzen sein werden. Seit 2013 waren diese bereits von 9,3 Millionen auf nunmehr drei Millionen Euro geschrumpft. In seinem Finanzplan für die Jahre 2019 bis 2021 kalkuliert Friedl deshalb mit Kreditaufnahmen in Höhe von rund zehn Millionen Euro. Dabei geht er aufgrund der guten Wirtschaftslage davon aus, dass die Gewerbesteuereinnahmen von 2017 nur einen Ausrutscher nach unten darstellen.

Aufgrund von Steuerrückzahlungen sanken die Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr nämlich um 1,8 Millionen Euro. Ob die Feuchter Unternehmer weniger Gewinn erwirtschaftet hatten als angenommen oder wie sich die Rückzahlungen sonst erklären, kann Friedl jedoch nicht sagen. Steuer und die Fraktion der Kleinen forderten den Kämmerer indes auf, zur Konsolidierung des Haushalts "Verbesserungsvorschläge zeitnah im Lauf des Jahres" vorzulegen. Ob es dieser Forderung bedurft hätte, lässt Friedl dahingestellt. Er mache sich jedenfalls seine Gedanken und werde diese anschließend zur Diskussion stellen.

Kleine scheuen Kreditaufnahme

Angesichts der schwindenden Rücklagen muss die Marktgemeinde laut Rupprecht künftig noch genauer überlegen, welche Investitionen drängen und welche geschoben werden können. Dies gelte auch für das städtebauliche Entwicklungskonzept für den Feuchter Ortskern. "Hier müssen Prioritäten ganz genau geprüft und überlegt werden."

Aufseiten der SPD warb Inge Jabs für das Gesamtkonzept: "Diese möglichen Investitionen dienen der Bereicherung und Attraktivität des Ortskerns und es ist uns bekannt, dass wir dazu wahrscheinlich Kredite aufnehmen müssen." Genau diesen Punkt sehen die Kleinen ganz anders. Gerade weil Projekte rund um das Sailer-Areal nur mit Krediten finanziert werden könnten, betrachten sie diese mit Skepsis.

Finanzierung der Eislaufbahn kritisiert

Grünen-Fraktionsvorsitzende Rita Bogner nannte den Haushalt in einer knappen Ansprache "solide aufgestellt und vernünftig finanziert". Wenngleich auch die Grünen nicht hinter allen Punkten stehen: Sie kritisieren unter anderem – wie auch die SPD – die Finanzierung der Eislaufbahn sowie der kommunalen Verkehrsraumüberwachung. Letztere sehen die Grünen einerseits als eine Aufgabe der Polizei. Andererseits möchten sie kein Geld in die Kontrolle von Falschparkern investieren, wenn diese weder zu einer Besserung beitrage noch finanziell rentabel sei.

Das Gesamtvolumen des Haushalts beträgt fast 40 Millionen Euro, wobei knapp 31 Millionen auf den Verwaltungshaushalt und neun Millionen auf den Vermögenshaushalt entfallen. Das Volumen erhöht sich gegenüber dem Haushaltsjahr 2017 um etwa 1,5 Millionen Euro, das sind 3,85 Prozent. Das höhere Gesamt-Haushaltsvolumen begründet sich im Wesentlichen durch einen um rund 1,3 Millionen Euro gestiegenen Verwaltungshaushalt. Zum Jahresende wird der Schuldenstand gut 4,7 Millionen Euro betragen, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von circa 339 Euro entspricht (Landesdurchschnitt 692 Euro). Mit den Schulden der FGW GmbH und der GWF Holding GmbH ergibt sich eine Pro-Kopf-Verschuldung von circa 494 Euro (Landesdurchschnitt 956 Euro).

 

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