Naturdenkmal für alle?

27.5.2014, 06:00 Uhr
Naturdenkmal für alle?

© Thomas Scherer

Sehr zum Ärger der Anlieger, die um eine „letzte Oase nahezu unberührter Natur mitten in der Stadt“ fürchten. Und um ihre Ruhe. Michaela Exner hat 200 Unterschriften gesammelt. Im Stadtrat haben die Anlieger ebenfalls bereits ihre Argumente gegen eine Öffnung vorgetragen.

Die Insel kann nicht betreten werden. Der einzige Zugang, das Tor am Kleinkraftwerk, das die Stadtwerke am Mühlkanal betreiben, ist versperrt. Einen Schlüssel haben die Stadt und der Fischerverein. Er bewirtschaftet die vier Weiher auf der Insel und lässt das Grün ansonsten in Ruhe. Das beschert Anrainern ein stimmgewaltiges Vogelkonzert, an den Weihern tummeln sich diverse Entenarten. Abgestorbenes Holz bietet Staren, Bunt- und Grünspecht Nisthöhlen. Fledermäuse, diverse Schwalbenarten, Wildgänse und Reiher beobachten die Anlieger. Auch ein Biber lässt sich regelmäßig auf dem Naturdenkmal, als das die Insel 1976 ausgewiesen wurde, blicken.

Einmaliger Ausblick

„Hier tummelt sich alles“, sagen Petra Lehe, Marianne Leichtenstern und Stephanie Huber, die in der Nachbarschaft leben. Wie Michaela Exner, deren Penthouse-Ausblick am Mühlenpark ziemlich einmalig sein dürfte, sehen sie das grüne Idyll bedroht, wenn sich hier Fußwege durchziehen, eine Spielwiese und ein Grillplatz angelegt sind.

Die Anlieger verweisen auf diverse Parkanlagen und Spielflächen in Sicht- und Hörweite. „Haben wir davon nicht schon zur Genüge?“, fragt Stephanie Huber. Zwei uneinsehbare Ecken – eine Bank am Ende eines Fußweges und ein kleiner Uferstreifen am Bibertwehr, das einst gebaut wurde, um den Mühlkanal mit Wasser zu speißen und damit eine Mühle zu betreiben – böten schon jetzt Platz für nächtliche Gelage, wovon wilde Müllablagerungen zeugten.

Eine Öffnung koste nicht nur Geld für die Anlage, sondern auch für den Unterhalt, dem die Stadt andernorts bereits jetzt offensichtlich nicht nachkommen könne. 50 000 Euro sind im aktuellen Etat für die Planung reserviert, weitere 500 000 Euro für die Umsetzung 2015. Geld, das in die Pflege vorhandener Freizeitflächen besser investiert wäre, meinen die Anlieger.

Massive Bebauung

Dass die Insel öffentlicher Raum werden soll, ist Bestandteil eines Bebauungsplan, der bereits 1997 beschlossen wurde. Unter dieser Voraussetzung überließ der Bauträger „Kleeblatt Wohnbau“ die Insel der Stadt. Schon damals rief der Plan Proteste bei den Bewohnern des Mühlenviertels hervor, weil das einstige Mühlengelände damit unter massiver Bebauung verschwand. Unter der heutigen Adresse „Am Mühlenpark“ entstanden vier bis zu sechsstöckige Wohnblöcke plus Penthouse.

„Mit dem Bebauungsplan Zirndorfer Mühle konnten wir sicherstellen, dass die Stadt die Bibertinsel bekommt“ und „ein Naturdenkmal für unsere Bürger erwerben“, teilte der damalige Bürgermeister Gert Kohl 1996 in einem SPD-Blatt der Bevölkerung mit. Doch der Mühlenpark ist seit Ende der 1990er Jahr bebaut und die Insel nach wie vor nicht von jedermann zu betreten.

„Die Stadt hatte andere Prioritäten“, sagt Bauamtsleiter Gerhard Klein dazu. Jetzt aber drängte Werner Frischbier als damaliger Verhandlungspartner der Stadt bei Bürgermeister Thomas Zwingel darauf, dass die Kommune ihren Teil des Vertrags in die Tat umsetzt. Nicht das erste Mal habe er nachgefragt, wann die Kommune gedenke, ihrer Verpflichtung nachzukommen, so Frischbier. „Ich werde auch nicht jünger“, erklärt der 64-Jährige zu seiner Motivation, „doch ich möchte es schon noch erleben, dass ich über die Insel spazieren kann.“

Während die Anlieger darüber rätseln, was Frischbier mit der Insel anfangen wollte, fiele sie wieder an ihn zurück, habe er sich doch damals bereits mit der Überlassung an die Stadt den Unterhalt gespart, ist für Bauamtschef Klein derlei nicht von Belang, wie er sagt: „Man muss den Bebauungsplan im Paket sehen, das sowohl die Bebauung in Form des Mühlenparks vorgesehen hat, als auch die Öffnung der Insel. Die Stadt hat mit der Insel eine Verpflichtung bekommen, aber auch das Recht, sie der Allgemeinheit zugänglich zu machen.“

Nachverhandlungen für einen „natur- und anliegerverträglichen Kompromiss“, wie sie Exner fordert, bezeichnet Klein als abwegig: „Es geht darum, das ein Plan umgesetzt wird, der eindeutig zum Ausdruck brachte, das die dortige Bebauung keinen exklusiven Ausblick für die Anlieger einschließt“. Ihm, so Klein, stelle sich zudem die Frage: „Was ist mehr wert: Das Interesse von 200 Anliegern oder das der Allgemeinheit?“

„Kleine Lösung“

Man brauche einen Weg, eine Brücke, sie ist übers Bibertwehr angedacht, mehr letztlich nicht, so Klein. „Das wird eine kleine, bescheidene Lösung und kein Spielpark, auch einen Grillplatz werden wir hier nicht bauen“, versichert er.

Sein Ziel: so naturnah wie möglich und mit vernünftigem Einsatz von Mitteln. „Es passiert hier nichts, was die Natur kaputtmacht.“ Vielmehr heißt es in dem Plan, die Bibertinsel soll „wieder in einen naturnahen Zustand“ versetzt werden. „Und wenn der Specht dann merkt, da passiert ihm nichts, kommt er auch wieder“, ist Klein überzeugt.

Andreas Leßmann, der Chef der Unteren Naturschutzbehörde am Landratsamt, sieht das ähnlich, doch er will der Planung der Stadt nicht vorgreifen. Sein Urteil über die Insel: „Sehenswert, aber gemessen an anderen Naturdenkmälern kein Highlight.“ Er, sagt Leßmann weiter, „erwartet nicht, dass da hochbedrohte Arten leben. Wird das ordentlich überplant, vertreibt man auch keinen Specht“.

„Lassen Sie uns doch erst einmal planen“, meint Klein an die Adresse der Anlieger. Sobald etwas vorliege, werde die Öffentlichkeit informiert. Gesprächsbereitschaft hatte auch Bürgermeister Thomas Zwingel den Anliegern bei deren Besuch im Stadtrat signalisiert. Seine SPD-Fraktion hat mit den Anwohnern für Ende Mai einen Ortstermin vereinbart.

Keine Kommentare