Neue Neonazi-Demo

30.7.2003, 00:00 Uhr

Hinter dem Aufmarsch steckt dieses Mal namentlich nicht die NPD, die erst vor wenigen Wochen unter Leitung des Nürnberger Stadtrats Ralf Ollert mit etwa 200 Anhängern durch die Stadt zog (wir berichteten ausführlich). Der für den 6. September geplante Aufzug wurde von dem Zirndorfer Rechtsradikalen Gerhard Ittner angemeldet.

Ittner, Jahrgang 1958, ist als Mitglied der rechten Szene bestens bekannt. Der Verfassungsschutz hat aktenweise Material über ihn. 1998 hat Ittner unter DVU-Flagge für den Bundestag kandidiert. Ab 2000 wandte er sich der NPD zu und war dort kurzzeitig Beisitzer im mittelfränkischen NPD-Vorstand. Auch bei Ollerts NPD-Tarnorganisation „Bürgerinitiative Ausländerstopp“ mischte der Zirndorfer mit. Für die Vereinigung gestaltete er einen Internet-Auftritt, der laut Verfassungsschutz durch „äußerst aggressive Beiträge“ auffiel. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb mittlerweile Anklage wegen Volksverhetzung gegen Ittner erhoben.

Mittlerweile wird Ittner keiner rechtsextremen Partei mehr zugeordnet. Er ist selbst in diesen Kreisen fast überall rausgeflogen. Auch mit Ollert überwarf er sich. Seit 2002 gehört der Zirndorfer laut Verfassungsschutz allerdings zum Kreis des mehrfach vorbestraften Manfred Roeder. Der machte Ende der 80er Schlagzeilen. Wegen terroristischer Aktivitäten wurde er zu 13 Jahren Haft verurteilt.

Zweiter Unterzeichner des Demo-Antrags ist der bundesweit bekannte Hamburger Neonazi Christian Worch. Er gilt den Verfassungsschützern als „Führungsperson“ im neonazistischen Spektrum und stand bereits mehrmals vor Gericht.

Ittner und seine rechten Anhänger wollen von der Beuthener Straße aus zum Hauptmarkt marschieren. „Grundsätzlich ist ein Verbot nur sehr schwer möglich“, sagte Stadtrechtsdirektor Hartmut Frommer. Derzeit sei auch noch nicht ganz klar, was Ittner überhaupt wolle. Der soll angeblich gedroht haben, die Stadt mit Aufmarsch-Anträgen zu überziehen, falls der für den 6. September angemeldete Aufzug verboten wird. Kräftemessen also? Fakt ist, dass der Zirndorfer schon jetzt bis einschließlich 2009 jährlich eine Nazi-Demo angemeldet hat. Immer für den 1. Mai.

Teilnehmerzahl unbekannt

Wie viele Teilnehmer aus der braunen Szene für den 6. September erwartet werden, ist noch nicht bekannt. Sollte der Aufzug stattfinden, wird die Polizei laut Sprecher Peter Schnellinger „mehrere Hundertschaften“ einsetzen.

Indes formiert sich Widerstand: Arno Hamburger, Vorsitzender der israelitischen Kultusgemeinde: „Wir haben mit Gesprächen begonnen.“ Das „Bündnis zur Verhinderung der Nazi-Provokation“ mit Mitgliedern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten fordert die Stadt auf, „dieser ungeheuerliche Provokation mit allen Mitteln entgegen zu treten“. Es will eine bundesweite Großdemonstration organisieren.

VON SABINE STOLL