Neuhauser Bürger kritisieren Asylpolitik der Regierung

26.3.2015, 17:39 Uhr
Das Lehrerehepaar Katja und Ferdinand Höllerer (rechts und 3. v. rechts stehend) leistet beim computergestützten Al­phabetisierungskurs professionelle Hilfe. Renate Lendl (li.) und Sandra Melchior (3. v. li.) überzeugen sich von den Fort­schritten ihrer Schützlinge.

© K. Möller Das Lehrerehepaar Katja und Ferdinand Höllerer (rechts und 3. v. rechts stehend) leistet beim computergestützten Al­phabetisierungskurs professionelle Hilfe. Renate Lendl (li.) und Sandra Melchior (3. v. li.) überzeugen sich von den Fort­schritten ihrer Schützlinge.

Darauf sind alle stolz. Doch die fleißigen Ehren­amtlichen fühlen sich bei ihrer Hilfe besonders von Seiten der Regierung allein gelassen.Allein gelassen von der Regierung fühlen sich auch die Asylbewerber, wenn sie von Zirndorf nach Neuhaus gebracht werden. Norbert Ploss von der Asyl- und Flüchtlingsberatung der Diakonie/Caritas Nürnberger Land ist wohl bei ihrer Ankunft vor Ort, aber eine Einweisung in die neuen Gegebenheiten in den unter­schiedlichsten Sprachen der Her­kunftsländer kann er nicht leisten.

Renate Lendl beklagt hier das Feh­len einer Broschüre mit ersten wich­tigen Informationen, die man in den verschiedenen Sprachen heraus­geben könnte. Ohne ehrenamtliche Helfer vor Ort würden sich die Asylbewerber nicht zurechtfinden. Diese zeigen, wo man im Ort einkauft, wo der Arzt ist oder wo es warme Kleidung gibt. Um solche Helfer aber kümmert sich die Regierung nicht, Unterstützung – egal in welcher Form – Fehl­anzeige. Irgendjemand in Neuhaus wird schon den nötigen Beistand leisten.

Die Folgen fehlender koordinier­ter Hilfe vor Ort schildert Renate Lendl am Fall einer Syrerin, die im September vergangenen Jahres nach Neuhaus kam. In diesen Tagen er­hielt sie die Anerkennung als Flüchtling und muss nun die Sam­melunterkunft verlassen. Die Frau spricht kein Wort Deutsch, weil es keine entsprechenden Kurse gab. Den Inhalt der vielen behördlichen Schreiben, die jetzt über sie herein­brechen, versteht sie nicht. Die völ­lig verunsicherte Frau schaut in eine für sie ungewisse Zukunft. Auch weil ihr so gut wie keine Möglichkeit für eine Integration geboten wurde, tut sie sich schwer, in Neuhaus eine neue Bleibe zu finden.

Ehrenamtlicher Deutschunterricht

Wenn diese Menschen, erklärt Lendl, keine sinnvolle Beschäfti­gung, keinen Kontakt zu den einhei­mischen Bürgern und große Unge­wissheit wegen ihrer Anerkennung als Flüchtling haben, dann geht das an die Nerven mit der Folge eines möglichen Lagerkollers. Aber hier, da ist sich die Leiterin des Neuhau­ser Helferkreises sicher, habe die zehn Mann starke Truppe in den letzten Wochen schon ganze Arbeit geleistet.

Fünf Helfer geben ehrenamtlich Deutschunterricht, wobei die Neu­ankömmlinge in einem Alphabeti­sierungskurs zunächst mit den Buchstaben der deutschen Sprache vertraut gemacht werden. Und die verbleibenden fünf Helfer sind für die Herzensangelegenheit von Lendl, der Integrationsarbeit und der Pflege zwischenmenschlicher Kontakte natürlich viel zu wenig.

Dennoch, die wenigen Helfer ha­ben in den vergangenen Wochen sehr viel getan. Sie begleiteten die Post­heimbewohner beim Einkauf, be­suchten mit ihnen Faschingsver­anstaltungen, organisierten für sie eine schöne Tauffeier oder ermög­lichten die Eingliederung von Ju­gendlichen in den Sportverein. Der persönliche Kontakt mit diesen Menschen lockert trotz Sprach­schwierigkeiten die angespannte At­mosphäre auf und zeigt, dass sich hier in Neuhaus jemand um sie küm­mert.

Helfer wollen Aktivitäten ausdehnen

Eine entsprechende Rückmeldung liefert der Asylbeauftragte Norbert Ploss. Ihm sei aufgefallen, dass bei seinen Gesprächen im Postheim mehr Zuversicht zu spüren sei und auch mehr gelacht werde, seit die ehrenamtlichen Betreuer regelmäßig in die Unterkunft kommen. Neben der menschlichen Betreuung küm­merten sich die Helfer auch um ma­terielle Hilfe. Im Gemeinschafts­raum stehen jetzt Möbel und für die Aufbewahrung sowie Ausgabe von Bekleidung konnte in der Schule ei­ne Kleiderkammer eingerichtet wer­den.

Die Neuhauser Helfer planen ihre Aktivitäten auch auf die Unterkunft in der Burgstraße auszudehnen. Man brauche dafür aber mehr Ehrenamt­liche, die bereit sind, auf die Asylbe­werber zuzugehen. Das sei alles gar nicht so schwer, so Lendl, man müs­se sich nur trauen. Ist der Kontakt einmal hergestellt, dann treffe man auf durchweg dankbare Menschen. Alle Helfer sind sich einig: Der Auf­wand ist nicht groß, aber es käme sehr viel zurück.

"Neuhaus hilft" heißt die Face­book- Seite, die Sandra Melchior für die Veröffentlichung der guten Ta­ten und der Hilfsaufrufe des Helfer­kreises gegründet hat. Auf dieser oft angeklickten Seite werden alle lau­fenden Aktionen gepostet.

Wer ebenfalls helfen möchte, kann sich bei einem der Treffen der Hel­fergruppe informieren. Diese finden monatlich an jedem zweiten Montag – nächster Termin ist der 13. April um 19 Uhr – in der "Alten Mühle" statt.

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