Aus Angst vor Bränden: Hochhäuser in London geräumt

24.6.2017, 13:37 Uhr
Aus Angst vor Bränden: Hochhäuser in London geräumt

© Reuters

Die Bewohner hunderter Wohnungen der Anlage "Chalcots Estate" wurden in der Nacht aufgefordert, die Gebäude zu verlassen. Zuvor hatte sich herausgestellt, dass die Hochhäuser eine ähnliche Fassadenverkleidung haben wie der ausgebrannte Grenfell Tower.

"Wir können kein Risiko eingehen“, begründete Georgia Gould von der Verwaltung des Bezirks Camden die nächtliche Evakuierung der Wohnanlage. Die Bewohner würden zu ihrer eigenen Sicherheit vorerst in Hotels untergebracht: "Um die Kosten kümmern wir uns später." Die Entfernung der Fassadenverkleidung wird voraussichtlich bis zu vier Wochen dauern.



Am Samstagmorgen erhielten die Bewohner eines der fünf in der Nacht geräumten Hochhäuser überraschend die Erlaubnis, in ihre Wohnungen zurückzukehren. Die Feuerwehr habe das Gebäude für sicher erklärt, sagte Verwaltungschefin Gould. Insgesamt wurden nach ihren Worten 650 Wohnungen geräumt. 83 Bewohner weigerten sich, ihre Apartments zu verlassen.

Defekter Kühlschrank löste wohl Feuer aus

Bei dem verheerenden Brand im Grenfell-Tower waren in der Nacht zum 14. Juni mindestens 79 Menschen ums Leben gekommen. Nach Erkenntnissen der Ermittler wurde das Feuer durch einen defekten Kühlschrank ausgelöst. Die Flammen hatten sich rasend schnell über die Fassade des 24-stöckigen Gebäudes ausgebreitet. Sechs Verletzte lagen am Samstag noch in Krankenhäusern.

Nach der Brandkatastrophe hatte die britische Regierung eine Überprüfung sämtlicher Sozialbauten im Land angeordnet. Dabei stellte sich heraus, dass allein in England 600 Gebäude eine ähnliche Fassadenverkleidung haben. Im Falle der nun geräumten Hochhaustürme wurde sie von dem gleichen Unternehmen angebracht wie am ausgebrannten Grenfell Tower. Dort war die Fassade erst vor einem Jahr erneuert worden.

Nur fünf Minuten Zeit zum Packen

Viele Bewohner der geräumten Häuser zeigten sich wütend über die plötzliche Aufforderung zur Evakuierung. "Das ist total verrrückt. Was hätte eine weitere Nacht schon für einen Unterschied gemacht?", fragte etwa Melanie Tham. Der 19-jährige Ahmed Mohamed pflichtete ihr bei: "Es war ein totales Durcheinander. Wir hatten nur fünf Minuten, um unsere Sachen zu packen."

Andere zeigten sich verständnisvoll. Es sei "beängstigend", sagte Michelle Urquhart. "Wir haben seit zehn Jahren mit dieser Fassade gelebt." Die Rentnerin Pippa Wordsworth konnte von ihrer Wohnung im 18. Stockwerk in den vergangenen Tagen das ausgebrannte Gerippe des Grenfell Tower am Horizont sehen. "Die Verkleidung sah hübsch aus", sagte sie. "Wir hatten ja keine Ahnung, dass sie so gefährlich sein könnte."

Unterdessen teilte die britische Regierung mit, dass bereits an 27 Hochhäusern in Großbritannien leicht entflammbare Außenfassaden entdeckt worden seien. Premierministerin Theresa May hatte zuvor angekündigt, dass täglich etwa 100 Hochhäuser überprüft werden.

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