Boot gekentert: Mehr als 130 Flüchtlinge ertrinken vor Ägypten

23.9.2016, 17:53 Uhr
Völlig überladen: Am Mittwoch war ein Flüchtlingsboot nahe der Hafenstadt Rosetta gekentert. (Symbolbild)

© Italian Navy / Handout / Archiv (dpa) Völlig überladen: Am Mittwoch war ein Flüchtlingsboot nahe der Hafenstadt Rosetta gekentert. (Symbolbild)

163 Bootsinsassen wurden gerettet. Nach Angaben von Überlebenden hatte das völlig überladene Fischerboot etwa 450 Menschen an Bord, als es am Mittwoch nahe der Hafenstadt Rosetta kenterte. 

Die Sucharbeiten konzentrieren sich nach Behördenangaben auf den Laderaum des gekenterten Bootes, wo sich nach Angaben von Überlebenden zum Unglückszeitpunkt etwa 100 Flüchtlinge aufgehalten haben sollen. Vier mutmaßliche Schlepper wurden festgenommen. Ihnen wird fahrlässige Tötung und Menschenhandel vorgeworfen. 

Wegen des ruhigen Wetters wagen in den Sommermonaten besonders viele
Flüchtlinge die gefährliche Überfahrt nach Europa. Dabei gibt es immer wieder tödliche Bootsunglücke. Viele der von Schleppern eingesetzten Boote sind nicht seetauglich und völlig überladen. Seit 2014 starben nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mehr als 10.000 Menschen bei der Überfahrt über das Mittelmeer, mehr als 2800 allein in diesem Jahr. 

Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hatte sich im Juni besorgt gezeigt, dass zuletzt immer mehr Flüchtlinge von Ägypten aus die lange und "sehr gefährliche" Fahrt über das Mittelmeer wagten. Mehrfach mussten in Ägypten gestartete Fischerboote mit hunderten Flüchtlingen an Bord aus Seenot gerettet werden. Seit der Schließung der Balkanroute versuchen die Schutzsuchenden laut Frontex wieder verstärkt, von Nordafrika aus über das Mittelmeer nach Europa zu kommen. 

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) sprach sich für ein europäisches Flüchtlingsabkommen mit Ägypten aus, das sich an der Vereinbarung mit der Türkei orientieren soll. Damit solle dem Umstand Rechnung getragen werden, dass immer mehr Flüchtlinge von Nordafrika aus die Flucht über das Mittelmeer wagen, sagte Schulz der Süddeutschen Zeitung vom Freitag. "Diesen Weg müssen wir einschlagen", forderte er.  Der Schutz der Flüchtlinge und die Bekämpfung des Schlepperwesens müssten im Vordergrund stehen, sagte Schulz weiter. Am EU-Türkei-Abkommen zeige sich, dass eine solche Zusammenarbeit möglich sei, ohne eigene Prinzipien aufzugeben. Das im März geschlossene Abkommen sieht vor, dass die Türkei Bootsflüchtlinge aus der Ägäis zurücknimmt.

In der EU und in der Bundesregierung wächst laut SZ die Sorge, dass künftig aus Ägypten weit mehr Flüchtlinge kommen könnten - vor allem, wenn die wirtschaftliche Lage der 92 Millionen Einwohner sich weiter verschlechtert.

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