Doch kein Goldrausch? Existenz des "Nazi-Zugs" unklar

1.9.2015, 13:50 Uhr
Piotr Zuchowski, Leiter der Denkmalschutzbehörde, ist sich "zu 99 Prozent sicher", dass sich in einem der Tunnel des Bergbaugebietes ein deutscher Panzerzug aus dem Zweiten Weltkrieg befindet.

© dpa Piotr Zuchowski, Leiter der Denkmalschutzbehörde, ist sich "zu 99 Prozent sicher", dass sich in einem der Tunnel des Bergbaugebietes ein deutscher Panzerzug aus dem Zweiten Weltkrieg befindet.

In einem unterirdischen Versteck zwischen den Kilometerpunkten 60 und 65 wird der angebliche Zug vermutet, über dessen Fracht nicht nur in Polen spekuliert wird. Seit Tagen kommt es zudem zu heimlichen Grabungsversuchen von Menschen, die vom Schatzfieber erfasst wurden.

Die Behörden warnten eindringlich vor diesen Aktionen, da vermutet wird, dass der Zug - wenn er tatsächlich existiert - vermint sein könnte. Nun wird überlegt, das Betreten des dortigen Waldes zu verbieten.

Nach einer Sitzung des Krisenstabes sind die Erwartungen gedämpft worden, es existiere ein geheimnisvoller unterirdischer Raubschatz der Nazis in Niederschlesien. "Wir können nicht sicher sagen, dass der so genannte goldene Zug sich in der Umgebung von Walbrzych befindet", sagte Tomasz Smolarz, der Leiter der Bezirksregierung, am Montag in Breslau (Wroclaw).

Ansprüche angemeldet

Robert Singer, Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses, nimmt die Berichte über den angeblichen "goldenen Zug" immerhin so ernst, dass er in einer Stellungnahme darauf hinwies, dass die Wertsachen an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden müssten, sollte es sich tatsächlich um "Nazigold" handeln, das von ermordeten Juden stammt. Sollten keine Überlebenden gefunden werden, sollten die polnischen Holocaust-Überlebenden damit entschädigt werden. "Wir hoffen, dass Polen die angemessenen Schritte unternimmt", mahnte er.

In polnischen Medien verursachte der russische Jurist Michail Ioffe mit der Äußerung Aufregung, dass das Gold Russland übergeben werden müsse, sollte es aus der Sowjetunion gestohlen worden sein. "Stehlen sie Polen den goldenen Zug? Russen und Juden strecken die Hand nach dem Schatz aus!" schrieb die Boulevardzeitung "Super Express" am Montag.

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Nur eine unleserliche Karte

Die Dokumente, die der Bürgermeister von Walbrzych von den Findern des angeblichen deutschen Panzerzugs erhalten habe, enthielten keine Georadar-Aufnahmen, zeigte sich Smolarz skeptisch. "Alle Informationen stützen sich auf einen Mitteilung von ein paar Seiten und eine unleserliche Karte."

Dennoch wollen die örtlichen Behörden den angeblichen Fundort an der Bahnstrecke zwischen Breslau und Walbrzych stärker sichern - zumal dort in der Nacht zum Montag aus noch ungeklärter Ursache ein Waldbrand ausbrach. Die Polizei intensivierte ihre Patrouillen in dem Waldgebiet.

Der Walbrzycher Bürgermeister Roman Szelemej wollte noch am Montag beim Verteidigungsministerium um Unterstützung bitten, um die angebliche Fundregion per Georadar zu untersuchen. Ein Georadar kann mit elektromagnetischen Wellen unterirdische Gegenstände orten - das Militär setzt diese Geräte zum Beispiel bei der Minensuche ein.

Berechtigte Zweifel

Der ehemalige Bergmann Tadeusz Slowikowski, der 50 Jahre in der Umgebung von Walbrzych nach Funden aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs grub und nach dem verschwundenen Zug suchte, ist aus anderen Gründen skeptisch. "Diejenigen in Deutschland, die Gold und Wertsachen versteckten, waren sich bewusst, dass sich Niederschlesien nach dem Krieg außerhalb der Grenzen des Dritten Reichs befinden könnte", sagte er der "Gazeta Wyborcza".

Wozu also Gold und Diamanten beim Abzug zurücklassen? "Wenn der Zug etwas enthält, dann wahrscheinlich Rohstoffe für die Rüstung", glaubt Slowikowski, der als junger Bergmann in den 1950er Jahren von deutschen Kollegen erstmals Berichte über den angeblich unterhalb der Bahnstrecke versteckten Zug hörte.

 

 

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