Eklat um türkischen Film: Guter Sultan, böse Christen?

17.2.2012, 09:28 Uhr
Eklat um türkischen Film: Guter Sultan, böse Christen?

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In 850 Kinos in der ganzen Türkei und auch in einigen Kinos in Deutschland läuft seit gestern der Millionen teuere Historiendrama. „Fetih 1453“ erzählt in opulenten Schlachtszenen die Geschichte der Eroberung des christlichen Konstantinopel durch den osmanischen Sultan Mehmet II. im Jahr 1453. Schon vor dem Filmstart gab es heftigen Protest.

„Fetih 1453“ ist der erste türkische Film, der sich mit epischen Kriegsszenen nach dem Vorbild des „Herrn der Ringe“ ein historisches Thema vornimmt. Die Dreharbeiten an dem Film, der 17 Millionen Dollar kostete, zogen sich über Jahre. Das Team von Regisseur Faruk Aksoy arbeitete an historischen Schauplätzen, aber auch vor nachgebauten Kulissen. 20 Schneider verarbeiteten 44 Kilometer Stoff zu Kostümen oder Bühnenbildern. Teilweise werden die Szenerien per Computersimulation auf die Leinwand gezaubert.

Bei jedem Schulkind bekannt

Als Held von Konstantinopel ist Sultan Mehmet II., für die Türken noch heute einer der größten osmanischen Herrscher überhaupt. Fatih, die heute verwendete Form von Fetih aus dem Filmtitel, heißt Eroberer und ist der Ehrentitel von Sultan Mehmet, den jedes türkische Schulkind kennt.

Denn mit der Einnahme der Stadt endete das Byzantinische Reich — und der Aufstieg der Osmanen zur Weltmacht begann. Auch heute ist der mehr als 500 Jahre zurückliegende Sieg über die Byzantiner in der Türkei allgegenwärtig. Der Jahrestag der Stadt-Eroberung am 29. Mai 1453 ist in Istanbul ein Feiertag.

Außerdem passt „Fetih 1453“ zur Osmanen-Mode in der Türkei. Seit einigen Jahren entdeckt das Land seine osmanische Vergangenheit neu. Die Macher des Films setzen darauf, dass die Erinnerung an die glorreiche Vergangenheit die Massen in die Kinos ziehen wird.



Vorab veröffentlichte Ausschnitte des Films lassen ein Epos erwarten, das mehr Wert auf Ruhm und Ehre für Sultan Mehmet und seine Getreuen legt als auf kritische Geschichtsbetrachtung. Auch religiöse Untertöne sind unüberhörbar. „Unser Prophet hat verkündet: Eines Tages wird Konstantinopel erobert werden“, sagt eine Stimme in dem Filmausschnitt. Wenig später ist zu sehen, wie christliche Soldaten mit Kreuzen auf den Schilden wehrlose Frauen abschlachten.

Wie der Film wirklich mit dem Thema Religion umgeht, ist noch nicht bekannt: Es gab keine Pressevorführung und damit auch keine Besprechungen in den Zeitungen. Möglicherweise wollten die Filmemacher schlechte Kritiken zum Kinostart vermeiden.

„Sie sollten sich schämen“

Die christliche Gruppe „Via Dolorosa“ ruft dennoch schon zum Boykott auf. „Für die Türkei gibt es keine Veranlassung dazu, dieses Ereignis auch noch zu feiern“, so die Organisation. Eher sollten sich die Türken „aufgrund der Menschenrechtsverletzungen und der anhaltenden Christenverfolgung schämen“.

Die türkischen Filmemacher vermögen keine antichristlichen Botschaften bei „Fetih 1453“ zu erkennen. „Ein Krieg der Religionen ist nicht unser Ziel“, sagte Filiz Öcal, eine Sprecherin der Produktionsfirma. „Der Film zeigt die historische Wahrheit.“

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