Fall Weinstein: Tarantino gesteht eigenes Fehlverhalten

21.10.2017, 09:56 Uhr
Arbeitete über 20 Jahre mit Weinstein zusammen: Star-Regisseur Quentin Tarantino.

©  Daniel Deme (dpa) Arbeitete über 20 Jahre mit Weinstein zusammen: Star-Regisseur Quentin Tarantino.

Wegen des Missbrauchskandals hat sich Regisseur und Drehbuchautor Quentin Tarantino von Produzent Harvey Weinstein distanziert, mit dem er mehr als 20 Jahre zusammengearbeitet hat. Dabei gab er eigenes Fehlverhalten zu. "Ich wusste, er hat einige dieser Dinge getan", sagte Tarantino (54, "The Hateful Eight") der New York Times. "Ich wusste genug, um mehr zu tun, als ich getan habe." Viel früher hätte er "Verantwortung" übernehmen und seine Zusammenarbeit mit Weinstein beenden müssen, sagte der Regisseur.

Tarantino räumte ein, schon lange von sexuellen Übergriffen gewusst zu haben. 1995 habe ihm seine damalige Freundin, die Schauspielerin Mira Sorvino, von früheren Belästigungen erzählt. Er sei damals "schockiert und aufgebracht" gewesen und habe danach von weiteren Fällen gehört, aber nie das ganze Ausmaß der mutmaßlichen Vorfälle erkannt. Er habe die Anschuldigungen verdrängt und abgetan. 

Seit Donnerstag ermittelt die Polizei in Los Angeles wegen schwerer Vorwürfe gegen Weinstein, wie ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Ein mögliches Vergewaltigungsopfer sei von der Polizei befragt worden. Nähere Angaben machte der Sprecher zunächst nicht. Laut Los Angeles Times soll es sich um eine 38-jährige Schauspielerin aus Italien handeln.

Die Frau, die auch als Model arbeitet, soll angegeben haben, 2013 in einem Hotel in Beverly Hills vergewaltigt worden zu sein. Weinstein sei nach Mitternacht unangekündigt in ihrem Hotel erschienen, sagte sie dem Blatt. Er sei "sehr aggressiv" geworden, habe sie ins Badezimmer gezogen und dort vergewaltigt. "Als er ging, hat er so getan, als sei nichts passiert", schilderte die Frau, die anonym bleiben wollte.

Weinstein weist Vergewaltigungsvorwürfe zurück

Weinsteins Sprecherin Sallie Hofmeister reagierte am Donnerstag auf die neuen Vorwürfe. "Mister Weinstein kann sich natürlich nicht zu anonymen Anschuldigungen äußern, aber er weist Vorwürfe von nicht einvernehmlichem Sex eindeutig zurück", sagte sie. Neben der Polizei von Los Angeles prüfen auch Behörden in New York und Großbritannien, ob sie Ermittlungen gegen Weinstein aufnehmen.

Zuletzt hatte auch Oscar-Preisträgerin Lupita Nyong'o (34, "Twelve Years a Slave") angegeben, von Weinstein sexuell belästigt worden zu sein. Er habe sie als damalige Studentin vor mehreren Jahren zu einem privaten Kinoabend mit seiner Familie in sein Haus eingeladen, berichtete sie in der New York Times. Doch schon wenig später sei er mit ihr ins Schlafzimmer gegangen und habe ihr eine Massage angeboten. "Ich dachte erst, er mache einen Witz. Das machte er nicht."

Sie habe dann zunächst angeboten, ihn zu massieren, um die Kontrolle zu behalten. Als er seine Hose ausziehen wollte, habe sie das Haus verlassen. "Ich habe mein Erlebnis mit Harvey in die Untiefen meines Gedächtnisses gepackt und mich so in das Schweigekomplott eingereiht, dass es diesem Jäger erlaubte, so viele Jahre herumzustreifen", schrieb Nyong'o in dem Essay für die Zeitung. In den vergangenen Tagen hatten sich mehr als 40 Frauen mit Vorwürfen von sexuellen Belästigungen bis zur Vergewaltigung gegen Weinstein zu Wort gemeldet.

Derweil forderte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die um eine Regierungskoalition ringenden Parteien CDU, CSU, FDP und Grüne auf, Betroffene von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz künftig besser zu schützen. "Wer in Deutschland gegen sexuelle Belästigung vorgehen will und Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen will, hat dafür nach geltender Rechtslage nur zwei Monate Zeit", sagte die Leiterin Christine Lüders der Berliner Zeitung (Samstag). Diese Frist sei zu kurz. "Betroffene sind häufig verunsichert, manchmal traumatisiert. Sie sollten mindestens sechs Monate Zeit haben, um Ansprüche geltend zu machen - dafür muss das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz konkretisiert werden."

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