Familienvater tot: Damenfahrrad gibt Rätsel auf

1.8.2015, 10:28 Uhr
Mit Suchhunden durchkämmten die Einsatzkräfte das Gebiet rund um den Fundort der Wasserleiche.

Mit Suchhunden durchkämmten die Einsatzkräfte das Gebiet rund um den Fundort der Wasserleiche.

Die Suche nach der vermissten Familie aus Niedersachsen wird zur Tragödie: In der Dämmerung am Freitagmorgen zieht die Feuerwehr am Elbufer in Lauenburg einen Toten aus dem Fluss. Gerichtsmediziner untersuchen die Leiche, in der Nacht darauf dann Gewissheit. "Es handelt sich um den seit letzter Woche Donnerstag vermissten 41-jährigen Familienvater aus Drage", teilt Polizeisprecher Jan Krüger um 23.37 Uhr mit.

"Fremdeinwirkung kann dabei ausgeschlossen werden." Für die Ermittler werde damit ein erweiterter Suizid immer wahrscheinlicher - ein Familiendrama also könnte der Hintergrund sein. Von der zwei Jahre älteren Ehefrau und der zwölfjährigen Tochter fehlt weiterhin jede Spur.

Suchhunde im Einsatz

Suchhunde waren immer wieder im Einsatz, Hubschrauber sind aufgestiegen und schon früh sind Taucher im Fluss gewesen - alles vergeblich. Dann Freitagmorgen der grausige Fund in Lauenburg in Schleswig-Holstein. Nördliches Elbufer, nur etwa 20 Kilometer flussaufwärts vom niedersächsischen Drage, einem 4100-Einwohner-Ort gleich hinter dem Deich.

"Ich war bei der Bergung dabei", sagt Lars Heuer, Wehrführer der Gemeinde. "Wir haben mit 20 Kameraden die leblose Person geborgen", schildert er die Situation nüchtern. Die Sprache ist klar, die Stimme ruhig - schnell ahnt man: Heuer hat Erfahrung mit solch unerfreulichen Einsätzen.

"Mit einem Rettungsboot haben wir den Toten ans Ufer gebracht und dort der Polizei übergeben." Genau um 5.29 Uhr sei die Feuerwehr alarmiert worden, erinnert er sich noch.

Anwohner hätten den Toten am Elbufer treiben sehen und die Polizei verständigt, heißt es in einem "SHZ"-Online-Bericht. Die Leiche sei mit einem Betonklotz von etwa 25 Kilogramm beschwert gewesen, so wie sie für mobile Baustellenzäune verwendet werden. Der Tote müsse mehrere Tage im Wasser gelegen haben, habe der Notarzt geschätzt.

Spuren von Frau und Tochter verlieren sich

Nur wenige hundert Meter entfernt führt die große Brücke über den Fluss, es gibt nicht viele in der Region. Zeugen wollen den 41-Jährigen am Donnerstag vergangener Woche das letzte Mal im Auto der Familie bei Drage gesehen haben, die Spuren von Frau und Tochter verlieren sich schon am Tag zuvor.

Das war der letzte Schultag in Niedersachsen vor den Sommerferien. Im schon bezahlten Reiterurlaub sei die Tochter nicht angekommen, berichten Zeitungen später. Ein spontaner Kurzurlaub der Familie sei äußerst unwahrscheinlich, muss Krüger in den kommenden Tagen immer öfter wiederholen. Viel kann er den Journalisten nicht sagen.

Anlass zum Rätselraten, vielleicht aber auch eine Spur zu den beiden weiter Vermissten bietet ein silberfarbenes Damenfahrrad, das Feuerwehrtaucher in der Nacht zum Samstag unterhalb der Elbbrücke geborgen haben. Die Stelle, an der die Taucher es auf dem Flussgrund fanden, lasse darauf schließen, dass der Familienvater mit dem Rad auf die Brücke gefahren sei, es ins Wasser geworfen habe und hinterhergesprungen sei. Allerdings handelt es sich nicht um das Herrenrad aus dem Besitz der Familie, das die Fahnder vermissen, sondern um ein Frauenfahrrad unbekannter Herkunft. Kann es den Weg weisen zu dem Ort, wo Mutter und Tochter sind? Die Fahnder hoffen auch auf Hinweise aus der Bevölkerung.

"Ganz normale Familie"

Die Vermissten seien eine "ganz normale Familie", hat auch ein Nachbar betont - viele wollten den herbeigeeilten Journalisten gar nichts sagen. Vielleicht wissen sie in der stillen und gepflegten Siedlung in Drage auch nichts über die drei, die so plötzlich verschwunden sind. Es könnte eine Tragödie in mehreren Akten werden.

"Das ist das Problem, dass wir keinerlei Hinweis haben auf das, was da geschehen sein könnte", sagt Polizeisprecher Jan Krüger am Samstag. Bei dem ertrunkenen 41-Jährigen sei keinerlei Hinweis auf den Verbleib von Frau und Tochter gefunden worden - ein Abschiedsbrief etwa. Auch im Haus der Familie hatten die Fahnder keinen entdeckt.