Gesunkenes U-Boot nach einem Jahr vor Argentiniens Küste geortet

18.11.2018, 12:20 Uhr
Angehörige der 44 Besatzungsmitglieder des U-Boots «ARA San Juan» gehen zu dem Marinestützpunkt von Mar del Plata und fordern Klarheit über die Ursache für das Unglück.

© dpa Angehörige der 44 Besatzungsmitglieder des U-Boots «ARA San Juan» gehen zu dem Marinestützpunkt von Mar del Plata und fordern Klarheit über die Ursache für das Unglück.

Vor fast genau einem Jahr ist die "ARA San Juan" auf den Grund des Südatlantiks gesunken, jetzt hat eine Suchmannschaft das Wrack des U-Boots der argentinischen Marine in den eisigen Tiefen geortet. "Das Schiff wurde in etwas mehr als 900 Metern Tiefe gefunden", sagte Verteidigungsminister Oscar Aguad am Samstag. Präsident Mauricio Macri ordnete eine dreitägige Staatstrauer an und versprach eine umfassende Untersuchung des Falls.

Die "ARA San Juan" war am 15. November 2017 mit 44 Seeleuten an Bord auf der Fahrt von Ushuaia im äußersten Süden Argentiniens nach Mar del Plata verschwunden. Zuvor hatte es technische Probleme an Bord gegeben. Außerdem wurde in der Nähe der letzten bekannten Position des U-Boots eine Explosion registriert.

Deformiert und implodiert

Jetzt entdeckte die privaten Firma Ocean Infinity das gesunkene U-Boot rund 500 Kilometer östlich des Golfs San Jorge vor der patagonischen Küste. Das Schiff sei in einer Tiefe von 907 Metern entdeckt worden, sagte der Kommandant der Marinebasis Mar del Plata den Angehörigen der Seeleute. "Die Hülle ist noch in einem Stück, sie ist total deformiert und implodiert, aber ohne nennenswerte Risse", erklärte Kapitän Gabriel Attis. Abgerissene Teile des U-Boots wurden demnach in einem Radius von 70 Metern um das Wrack gefunden.

"Ab heute wird sich ein Teil der Wunde schließen", sagte Isabel Polo, die Schwester eines Seemanns, im Fernsehen. Jorge Villarreal, der Vater eines weiteren Besatzungsmitglieds, sagte: "Jetzt wissen wir, wo unsere Kinder sind. Wir wollen ihnen den Abschied bereiten, den sie verdienen. So können wir Frieden finden."

Direkt nach dem Unglück hatten die argentinische Streitkräfte, unterstützt durch Einheiten aus den USA und aus Russland, wochenlang erfolglos nach dem Wrack gesucht. Vor einigen Monaten engagierte die Regierung das Unternehmen Ocean Infinity, um die Suche fortzusetzen. Die US-Firma war bereits kurz davor, die Suche einzustellen, weil die vertraglich festgelegten 60 Einsatztage beinahe ausgeschöpft waren. Für die Ortung des U-Boots soll Ocean Infinity nun 7,5 Millionen US-Dollar (6,5 Mio Euro) erhalten.

Die "ARA San Juan" mit einer Kiellänge von 65 Metern wurde im Auftrag der argentinischen Kriegsmarine von den damals dem Thyssen-Konzern gehörenden Nordseewerken in Emden gebaut und 1985 in Dienst gestellt. Das U-Boot mit einem diesel-elektrischen Antrieb war für Tauchfahrten bis 300 Meter Tiefe ausgelegt.

Ein Jahr danach

Am Donnerstag hatte sich das Verschwinden des U-Boots zum ersten Mal gejährt. "Als wir schon alle Hoffnung aufgeben wollten, haben wir sie gefunden", sagte Luis Tagliapietra, der Vater eines der Soldaten an Bord der "ARA San Juan". Der Anwalt befand sich an Bord des Suchschiffs "Seabed Constructor", als das U-Boot geortet wurde. "Ich verspüre eine Mischung aus tiefer Traurigkeit und dem Gefühl, die Schlacht gewonnen zu haben", schrieb er vom Schiff aus in einer Botschaft an die Deutsche Presse-Agentur und andere Medien.

Die Familien der Seeleute litten vor allem unter der Ungewissheit über den Verbleib ihrer Angehörigen. Nach der Entdeckung des Wracks schwanken sie nun zwischen Erleichterung, Trauer und Wut. "Ich will wissen, was passiert ist", sagte Oscar Vallejos, der Vater eines der Soldaten, im Fernsehsender C5N. "Sie wussten schon, wo sie sind und haben gewartet, bis ein Jahr vergangen ist. Ich habe meine Zweifel. Welch ein Zufall."

Bergung noch fraglich

Ob das U-Boot und die Leichen der Seeleute aus 900 Metern Tiefe geborgen werden können, ist weiterhin fraglich. "Wir verfügen noch nicht einmal über die Mittel, um in diese Tiefen zu gelangen", sagte Verteidigungsminister Aguad. "Wir haben auch keine Ausrüstung, um ein solches Schiff zu bergen."

Die Familien aber wollen ihre Angehörigen beerdigen und fordern eine umfassende Aufklärung des Unglücks. "Wir wollen, dass das U-Boot an die Oberfläche geholt wird. Wir wollen die Wahrheit wissen und die Justiz soll klären, wer dafür bezahlen muss", sagte Juan Aramayo, der Vater eines weiteren Besatzungsmitglieds.

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