Hochwasser: Lage in Hildesheim weiterhin angespannt

27.7.2017, 14:20 Uhr
Noch ist die Hochwasserlage im niedersächsischen Hildesheim angespannt. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr kämpfen noch mit Wassereinbrüchen und dem gestiegenen Grundwasserpegel.

© Swen Pförtner/dpa Noch ist die Hochwasserlage im niedersächsischen Hildesheim angespannt. Die Einsatzkräfte der Feuerwehr kämpfen noch mit Wassereinbrüchen und dem gestiegenen Grundwasserpegel.

Die Hochwasserlage im niedersächsischen Hildesheim bleibt angespannt, auch in Teilen des Harzes kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Es gebe Wassereinbrüche, das Grundwasser steige, und die Kanäle seien randvoll, sagte ein Feuerwehrsprecher am Donnerstag in Hildesheim. Dazu laufe das Wasser an einer Stelle über einen Deich in den Stadtteil Itzum. "Dort war zuvor nichts absehbar, jetzt ist dort Land unter", sagte der Sprecher. Die Wasserstände seien noch auf hohem Niveau, das Grundwasser drücke von unten nach. Helfer versuchten, Häuser mit Sandsäcken zu schützen.

Während sich die Lage im niedersächsischen Goslar langsam entspannt - der Landkreis hob in der Nacht seinen am Mittwoch ausgerufenen Katastrophenalarm wieder auf -, spitzte sich die Lage in der Harz-Gemeinde Harsleben in Sachsen-Anhalt zu. "Der Ort läuft voll", sagte der Leiter der Einsatzstelle beim Landkreis Harz, Kai-Uwe Lohse. In dem Ort nahe Halberstadt trat der sonst harmlose Goldbach über die Ufer. "Hier läuft das Wasser zusammen, das die letzten Tage bei uns von den Bergen runtergekommen ist", sagte Lohse. In tiefer gelegenen Stellen würden Häuser evakuiert.

Von einer seit Dienstag an dem Hochwasser-Fluss Holtemme vermissten Seniorin fehlt weiter jede Spur. Nach der 69-Jährigen aus Wernigerode in Sachsen-Anhalt werde weiter gesucht, hieß es am Donnerstag im Polizeirevier Harz. Die Frau wohnt direkt neben der Holtemme. Die Polizei schließt nicht aus, dass die Frau in den Fluss gefallen ist.

Sorge um Ernte

Nach 48 Stunden prasselnden Dauerregens beruhigte sich die Lage in der Nacht zu Donnerstag ansonsten im Harz etwas. Das Schlimmste liegt wohl hinter den Einsatzkräften. "In den früheren Akut-Gebieten wie Wernigerode oder Ilsenburg ist es jetzt relativ normal", sagte Lohse. "Zu schaffen macht uns das gestiegene Grundwasser", sagte er.

Aus der Zillierbachtalsperre oberhalb von Wernigerode in Sachsen-Anhalt wird nach Einschätzung des Talsperrenbetriebs noch tagelang Wasser überlaufen - allerdings nicht in gefährlichem Ausmaß. Das sagte der Geschäftsbereichsleiter im Talsperrenbetrieb, Joachim Schimrosczyk, am Donnerstag. In den zurückliegenden Tagen habe die Talsperre 700.000 Kubikmeter Wasser aufgenommen und nichts abgegeben.

Die Feuerwehr in Braunschweig (Niedersachsen) warnte trotz steigender Wasserstände vor Panikmache. Eine Sprecherin bezeichnete die Lage in der Hochwasserregion am Donnerstagmittag als "relativ ruhig". Es rolle keine Flutwelle auf Braunschweig zu, sagte Stadtsprecherin Lisa Bertram. Sie rechne nicht damit, dass Stadtteile überflutet werden. In ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten werde es aber Überflutungen geben, teilte die Feuerwehr mit. Die Pegelstände stiegen langsam an, gegen 18 Uhr wurden die Höchststände von Oker, Schunter, Mittelriede sowie Wabe erwartet. Am Morgen hatte ein Feuerwehrsprecher noch erwartet, es würden einige Stadtteile überschwemmt.

Nach den Überflutungen stehen vielerorts die ersten Aufräumarbeiten an. "Das wird einige Zeit in Anspruch nehmen", sagte der Oberbürgermeister von Wernigerode, Peter Gaffert. Wie hoch die Schäden sein werden, ist noch unklar. Goslars Oberbürgermeister Oliver Junk hatte am Mittwoch von Kosten in Millionenhöhe für Sanierung und Renovierung gesprochen.

Der Deutsche Bauernverband sorgt sich wegen des heftigen Regens um die Ernte. "Durch den Dauerregen kommt es zu Qualitätsschäden, und es droht auch zu einem Mengenproblem zu werden", sagte Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, der Passauer Neuen Presse. "Je länger sich der Regen hinzieht, desto problematischer wird es." Die Ernte habe bereits bis auf weiteres abgebrochen werden müssen.

Lage in Bayern entspannt sich

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hob am Donnerstagmorgen alle bestehenden Unwetterwarnungen vor ergiebigem Dauerregen auf. Tief "Alfred" zieht nach Osten ab, wie der DWD mitteilte. Der Regen höre damit zwar nicht auf, aber die Intensität lasse nach. Sommerlich schön wird es allerdings nicht.

Jörg Kachelmann findet den zurzeit regenreichen Sommer durchaus normal. "Es ist normal, insofern, dass der Sommer natürlich nie normal ist, nämlich genau im Durchschnitt", sagte der Wetterunternehmer im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Juni und auch weite Teile des Julis seien in weiten Teilen Deutschlands bei Temperaturen und Sonnenscheindauer deutlich überdurchschnittlich gewesen. "Die groteske Wahrnehmung bei vielen Menschen im Lande ist, dass es normal wäre, wenn es jetzt wochenlang Sonne und Hitze gäbe." Doch Juni und Juli seien "in Deutschland die Monate mit dem meisten Regen im Durchschnitt".

Nach dem Ende des Dauerregens in Bayern entspannte sich die Lage am Donnerstag vielerorts. An kleineren Flüssen fielen die Pegelstände schon wieder, teilte der Hochwassernachrichtendienst mit. Vor allem der Stand der Donau werde aber im Raum Donauwörth und weiter flussabwärts noch steigen.

Die regengeplagte Hauptstadtregion kann ebenfalls vorerst aufatmen: In den nächsten Tagen soll es keinen Dauerregen mehr geben. Das teilte der Deutsche Wetterdienst in Potsdam mit. Vereinzelt könne es aber trotzdem in Brandenburg und Berlin zu Schauern und Gewittern kommen. Nach dem Dauerregen der vergangenen Tage beruhigte sich auch in weiten Teilen Thüringens die Situation. Nach Angaben der Hochwasser-Nachrichtenzentrale gehen die Wasserstände weitestgehend zurück, die Unstrut bleibt jedoch kritisch.

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