Klimawandel: Eisbär verhungert vor laufender Kamera

14.12.2017, 11:37 Uhr
Dem geschwächten Bären, den zwei kanadische Fotografen filmten, versagten immer wieder die Hinterbeine.

© Screenshot: Paul Nicklen/Sealegacy.org Dem geschwächten Bären, den zwei kanadische Fotografen filmten, versagten immer wieder die Hinterbeine.

Das weiße Fell des Bären ist struppig, er bewegt sich langsam, schleppend. Immer wieder versagen ihm die Hinterbeine. Seine mächtigen Pranken wirken riesig, fast unnätürlich groß im Verhältnis zu seinem abgemagerten Körper. Aus einer verrosteten Tonne fischt er Abfallreste und knabbert daran. Dann liegt er bewegungslos im Gras.

Die Bilder von dem entkräfteten Eisbären stammen von den kanadischen Fotografen Paul Nicklen und Cristina Mittermeier, die das Tier im August auf Baffin Island im Osten des kanadischen Festlandes filmten. "Wenn Wissenschaftler sagen, dass die Bären aussterben werden, will ich, dass die Menschen wissen, wie das aussieht", kommentiert der National Geographic-Fotograf Nicklen die Bilder. Er und sein Team hätten geweint, als sie das Tier filmten - "uns liefen Tränen über die Wangen".

Nicklen und Mittermeier hatten das Jungtier bei einer Expedition entdeckt. Die beiden Biologen sind Mitbegründer der Umweltorganisation Sealegacy, die sich für die Erhaltung der Ozeane einsetzt. "Auch wenn ich nicht mit Sicherheit sagen kann, dass dieser Bär aufgrund des Klimawandels hungerte, weiß ich mit Sicherheit, dass Eisbären eine Eisfläche brauchen, um Jagen zu können", sagte Mittermeier in einem Beitrag für National Geographic. Was mit dem Bären geschah, nachdem sie die Insel verließen, konnten die beiden Biologen nicht sagen. Nicklen geht aber davon aus, dass er wenige Tage nach den Aufnahmen starb.

Eisbären ernähren sich zu einem großen Teil von Robben. Diese erlegen sie vor allem auf dem Eis - im offenen Meer entkommen die wendigen Schwimmer den wuchtigen Bären zu leicht. Fehlt die Eisfläche als Jagdrevier, finden die Bären weniger Futter. Das Eis in der Arktis wird seit Jahren weniger, vor allem im Sommer schmelzen die Eisplatten schneller als früher. Wissenschaftler führen dies auf den Klimawandel zurück.

Warnung vor steigenden Temperaturen

Am Dienstag warnte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Welt beim Pariser Klimagipfel eindringlich vor den Folgen dieser Entwicklung. Er forderte, sich beim Klimaschutz mehr anzustrengen. "Wir sind dabei, die Schlacht zu verlieren", sagte er vor Vertretern von fast 130 Staaten. Mit den bislangen Klimaschutz-Plänen steuere die Welt auf eine Erderwärmung um 3 oder 3,5 Grad zu.

"Das hat nichts mit dem zu tun, was wir uns vorgenommen haben." Im Pariser Klimaabkommen hatte die Welt vor zwei Jahren vereinbart, den Klimawandel auf einen Temperaturanstieg von deutlich unter zwei Grad zu beschränken.

Das Video der beiden Fotografen hat in den sozialen Netzwerken tausende Reaktionen hervorgerufen. Viele Nutzer zeigten sich entsetzt über das Schicksal des Bären, andere äußerten Zweifel an der Einschätzung über den Zustand des Tieres. Auf die Frage, warum sie dem Bären nicht mit Futter geholfen hätten, wiesen Mittermeier und Nicklen auf ein Gesetz hin, das in Kanada die Fütterung von Eisbären verbietet. Und: "Sich einem verhungernden Raubtier zu nähern, vor allem ohne Waffen, wäre Wahnsinn gewesen", fügte Mittermeier hinzu.

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