Liebesformel entschlüsselt: So ticken verliebte Gehirne

24.7.2015, 16:54 Uhr
Liebesformel entschlüsselt: So ticken verliebte Gehirne

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Bartels hat viele Versuchsreihen mit Probanden durchgeführt, denen er Bilder zeigte von geliebten Menschen: Dem Mann zeigte er Fotos seiner Partnerin, der Mutter Bilder ihres Kindes. In der Röhre liegend, im Magnetresonanztomografen (MRT), wurden dabei Aktivitäten im Hirn sichtbar. "Es sind dieselben Hirnareale, die für Belohnung zuständig sind", erklärt Bartels. Aktiviert wurden genau die Hirn-Areale, die reich an Rezeptoren für die Neurohormone Oxytozin und Vasopressin sind. Sie scheinen eine wichtige Rolle zu spielen im Liebes- und Bindungsverhalten. Nachgewiesen wurde dies zunächst in Tierversuchen mit Wühlmäusen.

Bindungsforscher lieben Wühlmäuse. Weil sie ähnlich und sehr unterschiedlich sind. Die Präriewühlmäuse etwa binden sich ihr ganzes Leben an einen Partner und sind diesem treu, selbst wenn er schon tot ist. Wiesenwühlmäuse dagegen bilden keine Paare. Was sie wollen, ist Sex, sonst nichts. Gibt man einer Präriewühlmaus ein fremdes Baby und injiziert ihr eines der beiden Neurohormone ins Gehirn, wird sie das Kleine annehmen wie ihr eigenes Kind.

Blockiert man umgekehrt per Hormongabe, dass sich die Stoffe an die Rezeptoren binden können, wird sich die Wühlmaus-Mutter überhaupt nicht um ihr Kind kümmern. Andererseits lassen sich Wiesenwühlmäuse so beeinflussen, dass sie plötzlich auch feste Bindungen eingehen. "Diese Rezeptoren", sagt Andreas Bartels, "haben die Macht, über die Liebesfähigkeit bei Tieren zu bestimmen."

Beim Menschen ist freilich noch anderes wichtig: Auch Erfahrung prägt die relevanten Hirnregionen. Wer als Kind viel Liebe erfährt, entwickelt höhere Rezeptordichten der kritischen Neurohormone im Hirn, wird sozial aktiver und kümmert sich mehr um Kinder und Partner. Die Mechanismen der Liebe sind universell: Sie steuern romantische und elterliche Liebe, zwischenmenschliches Vertrauen, selbst das Gefühl der Gruppenzusammengehörigkeit, und – wer hätte das gedacht – die damit einhergehende Aggression gegenüber Nicht-Zugehörigen.

Am zweiten Oktober-Wochenende ist Bartels einer der herausragenden Referenten beim Hirnforschungssymposium des Nürnberger Turm der Sinne in der Fürther Stadthalle. 600 Besucher hatte es im vergangenen Jahr auf die Tagung gelockt.

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