Zwei Tage nach Lawine weitere Überlebende gerettet

20.1.2017, 20:04 Uhr
Zwei Tage nach Lawine weitere Überlebende gerettet

© dpa

Bereits am Mittag waren nach Polizeiangaben unter anderem zwei kleine Mädchen gerettet worden, die von Einsatzkräften in dem zerstörten und von der Lawine begrabenen Hotel ausgemacht wurden. Hubschrauber brachten die schwer unterkühlten Opfer in das nächstgelegene Krankenhaus nach Pescara. Zuvor hatten erste Bergungskräfte das verschüttete Hotel betreten können.

Vom Fernsehen live übertragene Aufnahmen ihrer Helm-Kameras zeigten, dass einige der Räume praktisch unzerstört waren. Daraufhin wuchs die Hoffnung, dass es doch noch Überlebende des Unglücks geben könnte. Laut Marco Bini von der örtlichen Bergrettung hielten sich sechs der Überlebenden in der Küche des verschütteten Hotels auf. "Wir haben Rauch und kleine Feuer gesehen und uns gedacht, dort müsse noch Luft sein", sagte er der Nachrichtenagentur AFP. "Wir fingen sofort an zu graben."

In einer Luftblase überlebt

Sechs Menschen hätten in einer Luftblase in der Küche überlebt, darunter eine Mutter und ihre kleine Tochter. Die Geretteten seien in relativ guter Verfassung, hätten aber sehr gefroren, berichtete Bini. "Ihre Gesichter sagten alles. Es war, als würden sie noch einmal geboren". Wo die beiden anderen Überlebenden gefunden wurden, sagte er zunächst nicht. Nun hoffen die Retter auf weitere Lufttaschen in dem Gebäude.

Nach einer Serie von Erdbeben hatte eine Lawine am späten Mittwochnachmittag das Viersterne-Hotel "Rigopiano" getroffen. Doch erst in der Nacht zum Donnerstag erreichten Retter das einsam in 1200 Metern Höhe gelegene Hotel am Hang des Gran Sasso-Berges. Immer noch ist unklar, wie viele Menschen sich zu dem Zeitpunkt in dem Hotel aufhielten - zuletzt wurde von bis zu 34 Menschen berichtet, neben dem Personal und den Gästen auch einige unangemeldete Besucher.

Gäste warteten vergeblich auf einen Schneepflug

Zwei Menschen konnten bereits am Donnerstag gerettet werden. Sie hatten überlebt, weil sie sich im Freien aufhielten, als die Lawine niederging. Zwei weitere Hotelinsassen wurden tot geborgen. Als die Lawine das Hotel traf, waren die meisten Hotelgäste bereits seit Stunden zur Abreise bereit - offenbar wollten sie nach der Erdbebenserie in den Abruzzen nicht länger bleiben.

Der 38-jährige Koch Giampiero Parete, der die Tragödie überlebt hatte, berichtete später den Medien, er und seine Familie hätten bereits seit 14 Uhr in der Hotellobby auf einen Schneepflug gewartet, der die Straße freiräumen sollte. Erst habe es geheißen, der Schneepflug komme um 15 Uhr, dann hieß es, er käme um 19 Uhr, berichtete Parete. Da seine Frau Kopfschmerzen hatte, ging er kurz nach 17 Uhr zu seinem Wagen, um Medikamente zu holen. In der Zeit ging die Lawine vor seinen Augen auf das Hotel nieder. Der Schneepflug traf nie ein.

Chaotische Verhältnisse

Die Staatsanwaltschaft von Pescara leitete Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung ein. Sie will auch Berichten von Angehörigen der Verschütteten nachgehen, wonach die Behörden ihren Alarmanrufen zunächst keinen Glauben schenkte. Die Rettungsdienste weisen diese Vorwürfe zurück.

In der Region herrschen seit Tagen chaotische Verhältnisse. Mitten während eines außergewöhnlich harschen Wintereinbruch wurde sie am Mittwoch von einer Serie von Erdbeben erschüttert. Mindestens drei Menschen starben, mehrere Gebäude stürzten ein. Die Region hat sich noch nicht von einem schweren Erdbeben erholt, bei dem im August knapp 300 Menschen starben.

Zwei weitere starke Beben im Oktober richteten erneut schwere Schäden an. Tausende Bewohner der Region wurden zwar inzwischen in sicherere Gebiete gebracht, viele andere aber leben bis heute in Notunterkünften. In dem im August fast völlig zerstörten Ort Amatrice sollte am Freitag per Los entschieden werden, wer in die ersten 25 stabileren Unterkünfte aus Holz ziehen darf.

Dieser Artikel wurde am 20. Januar um 20.04 Uhr aktualisiert.

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