Postkarte erreicht nach 45 Jahren ihr Ziel

ERLANGEN

Es hat 45 Jahre gedauert — aber nun bekommt Günter Zettl doch noch den Gewinn aus dem Preisrätsel, an dem er damals teilgenommen hat. Und das kam so: Wie andere auch hörte er damals, in der DDR, als 18-Jähriger Westradio. Da er im heutigen Mecklenburg-Vorpommern lebte, konnte er über Mittelwelle die Europawelle Saar des Saarländischen Rundfunks (SR) empfangen — und lauschte im Januar 1969 die Kultsendung „Hallo Twen“. Bei einem Musik-Preisrätsel ging es um „The Creation“, seine Lieblingsband.

Natürlich kannte Günter Zettl „Painter Man“, den Titel des Liedes, nach dem SR-Moderator Manfred Sexauer fragte. Deswegen wollte er sein Glück versuchen: Auf eine Postkarte schreibt er Bandnamen und Titel, darunter seine Anschrift in Waren an der Müritz. Er frankierte die Karte mit einer Zehn-Pfennig-Marke, die Walter Ulbricht, den Vorsitzenden des DDR-Staatsrats zeigt, und wirft sie ein. Die Hoffnung auf den Gewinn gab er irgendwann auf — doch dann kam der 26. September 2013.

Günter Zettl wohnte mittlerweile mit seiner Frau Uta im Osten Erlangens. Der in Ungnade gefallene Deutsch- und Französisch-Lehrer, der sich Mitte der 1970er Jahre den Volkskammerwahlen verweigert hatte und danach seinen Job los war, hatte die DDR Anfang der 80er verlassen dürfen. Sechs Jahre, nachdem er erstmals einen Ausreiseantrag gestellt hatte.

Kopie in Stasi-Akte

Im September also hält Zettl, inzwischen im Vorruhestand, Unterlagen in den Händen, die ihm die Gauck-Behörde geschickt hat. Irgendwann hatte er dem Drängen von Bekannten nachgegeben und doch seine Stasi-Akte angefordert. Von den immerhin 80 Seiten erstaunt Zettl nur eine einzige in der Akte: Es ist eine Kopie jener Karte, die er 1969 an den SR zu schicken versucht hatte.

Wo, von wem und warum die Post abgefangen wurde, weiß Zettl bis heute nicht. Mittlerweile hat das Original doch noch den Sender erreicht, nachdem Zettl die Karte ein zweites Mal losgeschickt hatte. Morgen feiert die Europawelle Saar 50. Geburtstag. Zur Party geladen ist auch Günter Zettl. Er soll mit 45 Jahren Verspätung jene Platte kriegen, die er damals gerne gewonnen hätte, signiert von Manfred Sexauer.