Wie kommt es zum Streik? Alles, was Sie wissen müssen

26.5.2015, 07:26 Uhr
In Deutschland sind nur circa 20 Prozent der Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisiert.

© dpa In Deutschland sind nur circa 20 Prozent der Arbeitnehmer in Gewerkschaften organisiert.

Die aktuellen Bahnstreiks setzten in den vergangenen Wochen Reisenden im ganzen Land zu und die Empörung in der Bevölkerung könnte größer nicht sein. Jeder scheint eine Meinung über die Streiks zu haben. Ein verwundernd großer Teil wirft sogar wild mit teils haarstäubenden Beleidigungen um sich. Es wird getobt, gehetzt und sogar verklagt. So muss Julien Sewering, einer der erfolgreichsten deutschen YouTuber, sich wohl demnächst verantworten. Seine Äußerung, "Vergasen sollte man die Mistviecher", wobei er mit Mistviechern die GDL-Mitglieder meint, brachte ihm eine Anzeige ein, wie die Huffington Post berichtete. Und auch auf Twitter nehmen die verärgerten Bahn-Kunden nur selten ein Blatt vor den Mund.

Alles richtig gemacht, liebe GDL, könnte man jetzt sagen. Denn ist es nicht Sinn und Zweck eines Streiks, dass er weh tut? Diese Fakten zu Streiks sollten Sie wissen, damit Sie kompetent mitdiskutieren können.

Unter welchen Voraussetzungen kommt es zum Streik?

Ein Recht auf Streik gibt es in Deutschland nicht. Streiks sind Teil des Arbeitskampfrechts, das im Wesentlichen durch Gerichtsurteile entstanden ist. Zum Streik aufrufen dürfen weder einzelne Mitarbeiter noch der Betriebsrat, sondern lediglich eine Gewerkschaft. Wenn dann 75 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder im Betrieb für einen Streik stimmen, ist er zulässig.

Damit ein Streik zudem legal ist, muss ihn zum einen eine Gewerkschaft tragen. Zum anderen müssen vorherige Tarifverhandlungen gescheitert, eine Friedenspflicht abgelaufen und der Streik verhältnismäßig sein. Die Verhältnismäßigkeit ist juristischer Fachjargon und natürlich immer Auslegungssache. Was verhältnismäßig ist, entscheidet im Streitfall das Bundesverfassungsgericht. Sind diese vier Tatsachen gegeben, ist der Streik legal und alle Beschäftigten der Berufsgruppe dürfen mitstreiken – auch solche, die nicht in der Gewerkschaft sind. Während eines Streiks muss der Arbeitgeber den streikenden Mitarbeitern keinen Lohn zahlen. Die Gewerkschaft, die zum Streik aufgerufen hat, zahlt ihren Mitgliedern jedoch ein Streikgeld. Lediglich Beamten ist es untersagt zu streiken, weil sie als Staatsbedienstete unter dem beamtenrechtlichen Streikverbot stehen.

Ein Streik ist ein Mittel des Arbeitskampfes und wird dazu benutzt, Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um so bestimmte Ziele zu erreichen, etwa mehr Lohn oder mehr Urlaubstage. Um Druck auszuüben muss ein Streik weh tun. Er muss aufregen und Unannehmlichkeiten schaffen, sonst hätte er keine Bedeutung und Arbeitgeber hätten keinen Grund zu handeln.

In Gewerkschaften für Arbeitnehmerrechte kämpfen

Wie bereits bekannt: Lediglich Gewerkschaften können einen legalen Streik anzetteln. Gewerkschaften sind ein Zusammenschluss von Arbeitnehmern. In Deutschland sind die meisten Gewerkschaften unter dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert,  der im Oktober 1949 gegründet wurde. Insgesamt sind unter dem Dach des DGB acht verschiedene Gewerkschaften versammelt, darunter Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie die Konkurrenzgewerkschaft, die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Gewerkschaften handeln mit den Arbeitgebern Tarifverträge aus, etwa zu Einkommen, Arbeitszeiten und Urlaub. Sie helfen bei der Gründung von Betriebsräten, unterstützen Beschäftigte bei betrieblichen Konflikten und vertreten diese bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber. Gewerkschaften haben in Deutschland den Rechtsstatus einer sozialpolitischen Koalition und finanzieren sich ausschließlich durch die Beiträge ihrer Mitglieder. In Artikel neun des Grundgesetztes ist die „Koalitionsfreiheit“ festgeschrieben, was das Bilden von Gewerkschaften als Grundrecht festmacht.

Seit Jahren fällt die Anzahl der Deutschen, die Mitglied in einer Gewerkschaft sind – laut einer statista-Grafik vom Oktober vergangenen Jahres ist nur noch jeder fünfte Bundesbürger in einer solchen organisiert. Zum Vergleich: In Schweden, das zu den skandinavischen Vorzeigeländern gilt, sind immerhin rund 80 Prozent der Bevölkerung Mitglied in einer Gewerkschaft.

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