"Yolocaust": Kunstaktion mit KZ-Bildern und Selfies

18.1.2017, 19:53 Uhr
Bei dem Projekt Yolocaust verknüpft der Satiriker Shahak Shapira Selfies am Holocaust-Mahnmal in Berlin mit Aufnahmen aus Konzentrationslagern - und stößt damit eine Debatte über die Erinnerungskultur und den Umgang mit solchen Orten an. (Unkenntlichmachung durch nordbayern.de)

© Screenshot: yolocaust.de Bei dem Projekt Yolocaust verknüpft der Satiriker Shahak Shapira Selfies am Holocaust-Mahnmal in Berlin mit Aufnahmen aus Konzentrationslagern - und stößt damit eine Debatte über die Erinnerungskultur und den Umgang mit solchen Orten an. (Unkenntlichmachung durch nordbayern.de)

"Ich habe in den letzten Jahren ein interessantes Phänomen am Holocaust-Mahnmal beobachtet: viele Menschen verwenden das Denkmal als eine Kulisse für ihre Profilfotos auf Facebook, Instagram, Tinder oder Grindr", schreibt der israelische Satiriker Shahak Shapira auf Facebook am Mittwochmittag zu seinem Projekt. Auf www.yolocaust.de kombiniert er diese Selfies mit Bildmaterial aus den Konzentrationslagern. Und auf einmal steht der Hipster nicht mehr im Mahnmal, sondern auf Hunderten von Leichen in einem Konzentrationslager.

"What an incredible place", schrieb ein Nutzer auf einem sozialen Netzwerk, fügte seinem Posting noch ein Smiley mit Herzchenaugen hinzu. Unwürdig für einem solchen Ort? Laut Shapira besuchen etwa 10.000 Menschen täglich das Denkmal. "Viele von ihnen springen, skaten, radeln oder posten mit breitem Lachen auf den 2711 Betonstelen des rund 19.000 m² großen Bauwerks für die Kamera."

In den FAQs der Seite heißt es weiter: "Das Verhalten mancher Menschen am Holocaust-Mahnmal bewerten viele als respektlos, ja. Aber die Opfer sind tot, also bleibt es fragwürdig, ob es sie die Bohne interessiert." Wie man sich am Mahnmal zu benehmen hat, sei jedem selbst überlassen.

Bereits vor drei Jahren berichtete die Vice über Selfies an Gedenkstätten des Holocausts. Teilweise hatten Nutzer sich einen gelben Stern angehefet für ihre Fotos bei dem Mahnmal. Bei den Hashtags fand sich  #arbeitmachtfrei neben #feelgood wieder. Neben diversen Pietätlosigkeiten fasste der Artikel zusammen: "Bevor man einen Hashtag postet, sollte man sich fragen, ob eine Kategorie wie "Swag" in einem Konzentrationslager irgendjemanden interessiert hätte."

Shapiras Posting samt Seite verbreitet sich derzeit in den sozialen Netzwerken. Auf Facebook teilten den Beitrag über 3700 Nutzer - darunter auch Jan Böhmermann. Zeitweise rauschte der Server der Seite ab. Viele Nutzer pflichten ihm unter dem Posting bei. "Dieser Ort soll ein Mahnmal und ein Ort zum Innehalten sein. Mir sind diese Respektlosigkeiten schon lange ein Dorn im Auge und kann deine Aktion voll unterstützen", schreibt jemand.

Auf eine Frage liefert die Seite noch eine Antwort: "Ich bin auf einem der Fotos zu erkennen und schäme mich plötzlich, es öffentlich ins Internet hochgeladen zu haben. Kannst du es entfernen?" Wer sich unter der Mail undouche.me@yolocaust.de meldet, dessen Bild soll von der Seite wieder verschwinden.

Mit seiner Aktion dürfte Shapira eine Diskussion über die Erinnerungskultur und den Umgang mit dem Mahnmal angestoßen haben. Rund um eine Rede von Björn Höcke gab es bereits seit Mittwochmorgen eine Debatte zu dem Thema - passenderweise hat Shapira das Projekt auch noch dem AfD-Politiker gewidmet, seinem "Lieblings-Neonazi".

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