Zeitumstellung: Die Nacht auf Sonntag ist eine Stunde kürzer

24.3.2018, 15:26 Uhr
Am Sonntag ist es wieder soweit: Der Winter endet, der Sommer beginnt. Zumindest auf dem Ziffernblatt, denn die Zeit wird eine Stunde vorgestellt.

© Martin Schutt Am Sonntag ist es wieder soweit: Der Winter endet, der Sommer beginnt. Zumindest auf dem Ziffernblatt, denn die Zeit wird eine Stunde vorgestellt.

An diesem Wochenende beginnt wieder die Sommerzeit. Die Uhren werden in der Nacht zum Sonntag eine Stunde vorgestellt. Wissenswertes rund um die sogenannte Zeitumstellung beziehungsweise Uhrumstellung:

Wie läuft sie technisch ab?

Dafür ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig zuständig. Sie betreibt mehrere Atomuhren und ist mit der Verbreitung der gesetzlichen Zeit beauftragt. Die Physiker sorgen dafür, dass über einen Zeitsender namens DCF77 in Mainflingen in der Nähe von Frankfurt am Main und Hanau ein Signal gesendet wird, das Millionen Uhren in Europa vom Wecker bis zur Bahnhofsuhr um eine Stunde vorspringen lässt.

Empfänger des Senders mit einer Reichweite von 2000 Kilometern nutzen das Signal und passen ihre Zeitanzeige automatisch an. Dazu gehören solche der Bahn, auf Flughäfen und bei den Energieversorgern. "Der Zeitaufwand für die Umstellung ist für uns minimal", sagt Andreas Bauch, Leiter der Arbeitsgruppe Zeitübertragung, bei der PTB. Die Einstellungen der Signalgeber für gesetzliche Zeit würden vor dem Termin, also diesen Sonntag, lediglich "einmal gründlicher" kontrolliert.

Warum gibt es die Sommerzeit?

Das Tageslicht soll so besser genutzt werden. In Deutschland gab es die Sommerzeit schon mehrfach. Zuletzt wurde sie 1980 wieder eingeführt. Unter dem Eindruck der Ölkrise von 1973 hatte man damals die Hoffnung, so Energie sparen zu können. Ein weiterer Grund war die Anpassung an die Nachbarländer, die diese Regelung schon hatten.

Seit 1996 gibt es eine einheitliche EU-weite Regelung. Seitdem beginnt die Sommerzeit Ende März und hört Ende Oktober auf und gilt somit sogar länger als die Normalzeit (oft Winterzeit genannt) im Jahr. Das Drehen an der Uhr ist nicht zuletzt für Freizeitaktivitäten am Abend von Vorteil, weil es eine Stunde länger hell ist.

Was spricht gegen die Uhrumstellung?

Gegner der Sommerzeit argumentieren, dass keine Energie gespart wird. Laut Umweltbundesamt knipsen wir an Sommerabenden zwar tatsächlich seltener das Licht an. Dafür wird aber im Frühling und Herbst morgens öfter die Heizung aufgedreht, da die Temperatur zum Beispiel um 7 Uhr so niedrig ist wie vorher um 6 Uhr.

Der Forschungsausschuss im Bundestag gab in einem Bericht von 2016 an, dass Deutschland durch die Sommerzeit im Jahr geschätzt gerade einmal 0,2 Prozent Strom spart. Auch Mediziner kritisieren die Uhrumstellung. Schlafforscher warnen, empfindsame Menschen könnten Probleme mit dem zeitlichen Hin und Her haben – samt Schlafstörungen und Appetitlosigkeit.

Mit der Umstellung auf die Sommerzeit steigt nach Verbandsangaben auch die Gefahr von Wildunfällen. "Durch die Zeitumstellung ändert sich unser Lebens-Rhythmus, dadurch ändern sich auch die Hauptverkehrszeiten und das fällt mit den Aktivitäten des Wildes zusammen", sagte Thomas Schreder vom Bayerischen Jagdverband der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der Wildunfälle nehme jedes Jahr nach der Zeitumstellung und mit Beginn des Frühjahrs deutlich zu. Die Tiere seien dann auch wieder aktiver als im Winter.

Die bevorstehende Umstellung auf die Sommerzeit auch Kindern besonders zu schaffen. "Kinder brauchen nach der Zeitumstellung schon mal eine Woche, in Einzelfällen auch zwei Wochen, bis der neue Biorhythmus sich eingependelt hat", sagte der Augsburger Kinder- und Jugendarzt Christian Uebler laut Mitteilung der Katholischen Jugendfürsorge (KJF).

Gibt es Länder, die keine Sommerzeit haben?

Ja, sogar die Mehrzahl aller Staaten. Und selbst in den etwa 70 Ländern mit Sommerzeit gilt sie teils nur in einigen Regionen. Unter den großen Industrieländern stellen Indien, China und Japan ihre Uhren nicht um. In den USA haben zwar fast alle Bundesstaaten eine Sommerzeit, Arizona und Hawaii allerdings nicht. 

Seit wann gibt es die Sommerzeit? 

Die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) wird in Deutschland 125 Jahre alt. Am 1. April 1893 wurde sie in Berlin per Reichsgesetz eingeführt. Ein Eisenbahnunglück in den USA war einer der Auslöser. "Früher hatte jeder Ort seine eigene Zeit", sagt Johannes Graf vom Deutschen Uhrenmuseum. Die Einrichtung in Furtwangen im Schwarzwald hat die Geschichte der MEZ zum 125-jährigen Bestehen in Deutschland wissenschaftlich aufgearbeitet.

"Diese Ortszeit richtete sich nach dem Sonnenstand auf der jeweiligen geografischen Länge." Ein Problem sei dies lange nicht gewesen. Doch mit dem Siegeszug der Eisenbahn Anfang des 19. Jahrhunderts änderte sich das. "Das vergleichsweise schnelle Verkehrsmittel Eisenbahn passte nicht zu der Vielzahl der örtlichen Zeiten", sagt Graf.

So wurden für Züge Einheitszeiten festgelegt, die entlang der Bahnlinien galten und sich meist an der jeweiligen Zeit in den Hauptstädten orientierten. An den Orten, durch die Züge fuhren, zeigten die Uhren meist jedoch eine andere Zeit. Das sorgte für Verwirrung – mit verheerenden Folgen: Am 12. August 1853 zeigte die Taschenuhr eines Lokführers die falsche Zeit an, der Mann steuerte die Dampflokomotive mit den Waggons auf ein Gleis. Deshalb stießen in Virginia Falls (USA) zwei Züge zusammen, 13 Menschen starben.

Das Unglück löste eine Debatte aus. Die Antwort waren Einheitszeiten, die sich an den nationalen Grenzen orientierten. "Doch besonders im kleinräumigen Europa war dieser erste Schritt zur Vereinheitlichung der Zeiten unbefriedigend", sagt Graf. An Grenzbahnhöfen sorgten sie für Chaos. Am Bodensee etwa mit seinen damals fünf Anrainerstaaten galten so in einem einzigen Bahnhof fünf unterschiedliche Zeiten. Orientierung versprach ein System aus 24 weltweiten Zeitzonen, das den Staaten 1884 auf einer Konferenz in Washington empfohlen wurde.

In Deutschland stieß es auf Vorbehalte. "Um 1890 stritten Politiker und Fachleute heftig über die Frage, ob sich Deutschland dem System anschließen solle", sagt der Direktor des Deutschen Uhrenmuseums, Eduard Saluz. Konservative lehnten die Einführung der Mitteleuropäischen Zeit ab: "Sie wollten die Ortszeiten im Alltag beibehalten."

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