Abkühlen, bitte: Deutschland debattiert erhitzt

11.8.2018, 12:55 Uhr
Wie gerade in Deutschland über den Rekordsommer 2018 gestritten wird — auch das ist wohl bezeichnend für die aufgeregte, gereizte Art, wie Debatten hier geführt werden.

© Franziska Kraufmann/dpa Wie gerade in Deutschland über den Rekordsommer 2018 gestritten wird — auch das ist wohl bezeichnend für die aufgeregte, gereizte Art, wie Debatten hier geführt werden.

Gäste aus dem Ausland staunen über einiges bei Deutschlandbesuchen. Über die Sauberkeit. Ja, auch über die Pünktlichkeit der Bahn. Über ein insgesamt vergleichsweise gut funktionierendes Land.

Und sie wundern sich. Darüber, wie mürrisch viele Bewohner dieses Landes wirken. Oder wie viele von ihnen die Autobahnen in gefährliche Kampfbahnen verwandeln, auf denen oft eine Art Krieg herrscht.

Die Diskrepanz zwischen der relativ komfortablen Lage einer Republik und der subjektiven Sicht etlicher ihrer Einwohner auf dasselbe Land — sie ist auffällig groß. Es scheint, als wachse die Gereiztheit. Und zwar unabhängig von der tatsächlichen Entwicklung.

Autobahn und Verkehr sind vielleicht nicht die schlechtesten Beispiele für eine steigende Rücksichtslosigkeit. Riskante Autorennen mit brüllenden, extra laut getrimmten PS-Protzen durch Wohnviertel scheinen im Trend zu liegen.

Mit laufendem Motor

In diesen Wochen der Hitze ist gar nicht so selten dies zu beobachten: Autofahrer parken und lassen den Motor laufen, manchmal eine halbe Stunde lang. Dann läuft die Klimaanlage. Aber das ist nun mal, da unnötig Abgase in die Luft gepustet werden, verboten. Wer jedoch den Fahrer darauf anspricht, erntet meistens entweder gar keine oder eine grobe Reaktion.

Wie gerade in Deutschland über den Rekordsommer 2018 gestritten wird — auch das ist wohl bezeichnend für die aufgeregte, gereizte Art, wie Debatten hier geführt werden. Manche Naturschützer und Grüne überziehen bei ihren Mahnungen und Forderungen. Mindestens einen Tick zu alarmistisch sind da einige Klimakatastrophen-Szenarien. Wer aber übertreibt, der macht sein Anliegen weniger glaubwürdig. Dabei reicht die Auflistung der immer neuen Wärmerekorde der vergangenen Jahre zusammen mit den zurückliegenden Hitze-Tagen, um zu belegen, was die allermeisten Experten sagen: An der Zunahme solcher Wetterextreme ist der längst begonnene Klimawandel durchaus abzulesen.

Davon wollen aber manche nichts wissen. Das "hysterische Klimakrisen-Gekreische der Klimanazis ist wirklich unerträglich", schrieb diese Woche Beatrix von Storch auf Twitter und attackierte damit vor allem die Grünen. Die AfD-Frau bestreitet, dass der Klimawandel menschengemacht ist — für sie ist vor allem die Sonne schuld daran.

Das ist zum einen Ignoranz, ja: das Leugnen von immer offensichtlicheren Tatsachen. Man kann das ja verstehen: Wer sagt, es gibt keinen Klimawandel, der braucht auch sein Verhalten nicht zu ändern.

Sinnvolle Schritte

Ist es aber sinnvoll, jene Schritte zu unterlassen, die nicht nur Umweltschützer anmahnen — also: weniger Individualverkehr, Ausstieg aus der Kohle, mehr grüne, energiesparende Produkte auf den Markt bringen, weniger (und dafür besseres) Fleisch essen — und vielleicht, ja doch, endlich ein Tempolimit? Nein, es ist fahrlässig, darauf zu verzichten. Denn selbst wenn der Klimawandel nicht menschengemacht ist: Eine solche Politik würde das Land lebenswerter und zukunftsfähiger machen.

Der Autor Marc-Uwe Kling ("Die Känguru-Chroniken") drückt das recht schön so aus: "Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in 50 Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schon ärgern."

Aber ärgern tun sich viele von uns auch so und schon jetzt. Viel zu oft, im erhitzten Reiz-Klima Deutschlands. Abkühlen hilft.

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