Autonomes Fahren: So sicher ist die Technik wirklich

21.3.2018, 08:56 Uhr
In den USA ist erstmals ein Mensch bei einem Unfall mit einem selbstfahrenden Auto ums Leben gekommen.

© Felix Kästle/dpa In den USA ist erstmals ein Mensch bei einem Unfall mit einem selbstfahrenden Auto ums Leben gekommen.

Selbstgesteuerte Autos sind auf amerikanischen Straßen zwar noch Exoten, aber zumindest in einigen Bundesstaaten auch keine ganz seltene Spezies mehr. "Erst vor zwei Wochen war einer unserer Doktoranden auf einer Konferenz in Kalifornien und erstaunt, wie viele autonom fahrende Uber-Taxis dort schon unterwegs sind", berichtet der Wissenschaftler, dem eine Spezialprofessur im Rahmen des Zentrums Digitalisierung Bayern übertragen wurde.

In dem Westküstenstaat seien inzwischen auch Fahrzeuge zugelassen, in denen kein Mensch mehr eingreifen könne. Dabei erleichtere die großzügige Infrastruktur mit lauter breiten, übersichtlichen Straßen die bisher noch als Tests deklarierten Einsätze. Dennoch sind, wie der Unfall in Tempe auf schmerzliche Weise zeigt, urplötzlich auftretende Gefahren und Probleme nicht auszuschließen.

Dabei können die Fahrzeuge grundsätzlich nicht nur auf vordefinierten Routen rollen, sondern sich mit Kameras und Sensoren auf allen öffentlichen Straßen orientieren. "Schon jetzt sind auch Elemente von künstlicher Intelligenz im Spiel", erläutert der Software-Fachmann für sicheres und autonomes Fahren. Die volle Ausbaustufe ("level 5") mit umfassender Kommunikation auch zwischen Fahrzeug und Umgebung und laufenden Updates über Funk lässt allerdings auf sich warten. Noch werden die Systeme "trainiert". Das erfordere zugleich eine gegenüber den bisher "schmalbrüstigen" Steuergeräten verbesserte Hardware. In etwa zwei Jahren soll, so die Prognose, zunächst die vierte Ausbaustufe erreicht werden.

Technik reagiert schneller als der Mensch

Schon jetzt ist allerdings selbstverständlich, dass bei einem Ausfall von Sensoren oder in der Software für das Zusammenspiel aller Komponenten automatisch eine Steuerung ("fail operational service") greift, die das Fahrzeug wenigstens sicher zum Stehen bringt. Und grundsätzlich soll das autonome Fahren die Unfallgefahren drastisch reduzieren - weil Tempo und Sicherheitsabstand verlässlich eingehalten werden und die Technik schneller reagiert als der Mensch.

Die Hoffnung und Erwartung, dieses Ziel zu erreichen, treibt die Wissenschaftler wie den Nürnberger an; für aussagekräftige Vergleiche ist es trotzdem noch zu früh. Und auf eine Einschätzung zu dem Verhängnis in Tempe und möglichen Ursachen mag sich Tavakoli Kolagari schon gar nicht einlassen, solange keine detaillierteren Informationen vorliegen.

Für ihn bildet das Thema Sicherheit den Dreh- und Angelpunkt in seiner Forschungsarbeit und der Projekte, die er mit seinem Team vorantreibt. Die Kernfrage: Wie muss die Software konstruiert sein, wie also soll die "Architektur" aussehen, damit sie in den Fahrzeugen nicht nur verlässlich funktioniert, sondern alle Datenübertragungen auch geschützt sind?

Keine 100-prozentige Sicherheit

"Einen Teil davon erarbeiten wir in Kooperation mit der Industrie und den Zulieferern, die sich dafür auch schon auf Standards geeinigt haben. Andere Fragen gehen wir mehr aus einer wissenschaftlichen Perspektive an", so der Hochschullehrer.

Um welche Methoden, Prozesse und Sprachen es geht, ist für Laien kaum verständlich. Wohl aber eines der Grundprobleme: Bisher waren die Systeme zwar schon komplex, aber unverschlüsselt und also gegen mögliche böswillige Zugriffe von außen nicht abgeschirmt. Das aber müsse und soll sich grundlegend ändern, betont Tavakoli Kolagari. Schließlich geht es am Ende um die Frage der Haftung bei möglichen Pannen. Müssen die Entwickler und Firmen für die Folgen von Zusammenstößen gerade stehen?

Prof. Ramin Tavakoli Kolagari von der Technischen Hochschule Nürnberg.

Prof. Ramin Tavakoli Kolagari von der Technischen Hochschule Nürnberg.

Aber selbst mit permanent aufgerüsteten Systemen werde sich keine 100-prozentige Sicherheit erreichen lassen - wenn auf der anderen Seite auch "Quantencomputer" mit Riesenaufwand zu knacken sind. Eine NSA, meint er, "wird es immer schaffen".

Außer in den Vereinigten Staaten laufen Feldversuche in größerem Stil aktuell auch in Schweden - unter der Ägide von Volvo, Tavakolis früherem Arbeitgeber. Hierzulande "können zum Beispiel Modelle von Audi und BMW schon deutlich mehr als bisher erlaubt", erläutert er. In Städten gelte für autonomes Fahren aber ein Limit von Tempo 10, außerhalb geschlossener Ortschaften von 130 km/h.

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