Bamf: Das Vertrauen in den Rechtsstaat steht auf dem Spiel

22.5.2018, 12:28 Uhr
Bamf: Das Vertrauen in den Rechtsstaat steht auf dem Spiel

© Stefan Hippel

Es ist eine Rolle, in der sich Horst Seehofer gefällt: Er gibt gerne den starken Mann, der hart durchgreift. Hart durchgreifen, das will er nun auch in der Affäre um Tausende zu Unrecht bewilligte Asylanträge in der Bremer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf).

"Ich werde in der nächsten Woche Entscheidungen über organisatorische und gegebenenfalls auch personelle Konsequenzen treffen", sagte Seehofer nun also der Mittelbayerischen Zeitung.  "Es muss eine Menge geschehen, nicht nur in Bremen."

Ist es Seehofer ernst damit, dann muss am Anfang vor allem eines stehen: schonungslose Aufklärung. Denn Aufklärung, das leisteten bisher weder die Bamf-Leitung noch das Bundesinnenministerium. Aufklärung leisteten die Medien - allen voran die Nürnberger Nachrichten. Nur was gar nicht mehr zu leugnen war, gestanden die Verantwortlichen schließlich ein. Das muss ein Ende haben.

Personelle Konsequenzen will Seehofer "gegebenenfalls" also auch ziehen. Das lässt sich dahingehend interpretieren, dass der Stuhl von Bamf-Chefin Jutta Cordt wackelt. Dabei war der Fall Bremen ursprünglich nicht Cordts Skandal. Doch sie machte ihn zu ihrem Skandal, indem die Bamf-Spitze auf die Vorwürfe erst gar nicht und dann mit einem höchst befremdlichen Verhalten reagierte. Ein Verhalten, das - vorsichtig formuliert - nicht auf den Willen zur umfassenden Aufklärung schließen ließ.

Personelle Konsequenzen mögen ein Signal an die Bevölkerung sein, dass Seehofer tatsächlich durchgreift. Allein aber werden sie nicht reichen, um die Missstände am Bamf zu beseitigen. Immerhin hat das auch der CSU-Chef eingestanden und auf andere Probleme im Amt verwiesen. So sei es fraglich, "ob die im letzten Jahr eingeführten Maßnahmen zur Qualitätssicherung wie das Vier-Augen-Prinzip ausreichend sind".

Qualität braucht Zeit - und Personal

Zur Ehrlichkeit gehört aber: Wer es ernst meint mit Qualitätssicherung, der muss dem Bundesamt die dafür notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen. Um Asylanträge gewissenhaft zu prüfen, um gegebenenfalls Nachforschungen anzustellen, braucht es (mehr) Zeit und braucht es (mehr) Personal.

Die Politik war in den Jahren vor der Flüchtlingskrise - trotz mehrfacher Hilferufe des damaligen Bamf-Chefs Manfred Schmidt - und selbst noch auf dem Höhepunkt dieser Krise nicht oder nur eingeschränkt bereit, dem Amt diese Zeit und dieses (qualifizierte!) Personal zu geben. Und unter Frank-Jürgen Weise, der das Amt von Ende 2015 bis Ende 2016 lenkte, schien es dann auch gar keine Notwendigkeit mehr dafür zu geben: Die Zahlen stimmten ja - die Geschwindigkeit, mit der über Asylanträge entschieden wurde, stieß in neue Dimensionen vor. Mit der Qualität nahm es nicht nur die Amtsleitung nicht so genau - auch die Bundesregierung sah nicht hin.

Die fatale Konsequenz: Fast 80 Prozent der Deutschen glauben heute nicht mehr, dass es bei der Entscheidung über Asylanträge mit rechten Dingen zugeht, wie das Meinungsforschungsinstitut Civey mitteilt. Dieses Misstrauen einem Bundesamt gegenüber ist gefährlich für die Demokratie und das Vertrauen in den Rechtsstaat. Im Bremer Asylskandal steht also viel mehr auf dem Spiel als die Karriere einer Behördenleiterin.

Verwandte Themen


21 Kommentare