Bamf hinkt bei Asylverfahren immer noch hinterher

12.8.2017, 04:00 Uhr
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Zielvereinbarung mit dem Innenministerium verfehlt.

© dpa Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat die Zielvereinbarung mit dem Innenministerium verfehlt.

Das geht aus einem Vergleich bisher vorgelegter Zahlen sowie der Zielvereinbarung der Behörde mit dem Bundesinnenministerium für das Jahr 2017 hervor, die den Nürnberger Nachrichten und der Welt vorliegt.

Laut dem Dokument vom 23. Januar 2017 sollte - aufgeführt unter dem  Oberpunkt „Operative Leistungsfähigkeit verbessern“ -  die Zahl der sogenannten Alt-Verfahren bis Ende Mai eigentlich auf 79.000 schrumpfen. Wie das Bamf auf Anfrage erklärte, waren Ende Juni allerdings noch 97.514 Asylverfahren nicht entschieden, die 2016 oder früher aufgenommen wurden. Ende Juli waren es schließlich noch immer 81.432

Bearbeitung dauert zu lange

Auch bei der anvisierten Dauer für die Bearbeitung verfehlt die Behörde bislang die verabredete Maßgabe: Geplant ist, im Jahr 2017 einen Durchschnitt von weniger als sechs Monaten zu erreichen. Ende Juli lag dieser Wert laut Bamf mit elf Monaten allerdings noch fast doppelt so hoch. Gut klappt es dagegen bei den Anträgen, die nach dem 1. Januar 2017 gestellt wurden. Hier ist eine Bearbeitungsdauer von weniger als drei Monaten verabredet, der tatsächliche Wert lag Ende Juli bereits bei lediglich 1,7 Monaten.

Ähnlich schleppend läuft es für das Bamf beim Thema Integration. Innenministerium und Bamf-Chefin Jutta Cordt haben verabredet, dass eine „ausreichende Kapazität an Integrationskursen zur Verfügung“ gestellt werden soll. Das Ziel lautet, im gesamten Jahr die Marke von 430.000 Kursteilnehmern zu erreichen. Ende Juli lag diese allerdings erst bei etwa 160.000 – wobei die Nürnberger Behörde darauf hinweist, dass sich die Zahl aufgrund von „Nacherfassungen“ wohl noch nach oben verändern werde.

Deutlich verfehlt das Bamf die Erwartung, dass Asylsuchende nicht mehr so lange auf den Start ihres Integrationskurses warten müssen. In den Zielvereinbarungen ist eine Wartezeit von weniger als sechs Wochen festgehalten. Tatsächlich gelingt es dem Bamf laut eigener Aussage bislang nur bei 54 Prozent der Teilnehmer innerhalb dieses Zeitraums einen Kursbeginn zu ermöglichen.

Konsequenzen aus dem Fall Franco A.

Die Hintergründe für die mäßige Halbzeitbilanz sind nicht ganz klar: Während die Zahl der neuen Asylsuchenden im ersten Halbjahr deutlich niedriger als im Vorjahreszeitraum war, kämpft das Amt mit Konsequenzen aus dem Fall des mutmaßlich rechtsextremistischen Bundeswehrsoldaten Franco A. – er hatte sich als Syrer ausgegeben und Asyl erhalten. In der Folge wurden 2000 positive Entscheide überprüft. Laut Bamf drohten dadurch eine "Verlangsamung beim Rückstandsabbau". Zudem werden 100.000 Asylentscheidungen vorzeitig einer "Widerrufsprüfung" unterzogen. Gleichzeitig baut das Bamf Personal ab und muss ohne viele der befristeten Stellen auskommen.

Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, lobte dennoch: "Das Bamf hat in den vergangenen beiden Jahren hervorragende Arbeit geleistet", sagte der CSU-Politiker. Er betonte, dass die Dauer von neuen Verfahren weniger als drei Monate betrage. Die Verzögerungen beim Abbau der Alt-Verfahren nannte Mayer mit Blick auf die Überprüfungen nach dem Fall Franco A. "erwartbar" und "moderat". Kritisch sieht Mayer dagegen die Wartezeiten für Integrationskurse.

SPD-Kritik an Reduzierung der Mitarbeiter

Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, bemängelte, dass die Zahl der Mitarbeiter reduziert wird: "Die aktuellen Zahlen zeigen, dass es noch viel Arbeit im Bamf gibt und die derzeitige Vorgehensweise des Herrn Bundesinnenministers Thomas de Maizière vollkommen falsch ist, in erheblichem Umfang Personal beim BAMF abzubauen", erklärte Lischka.

Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion wiederum fordert den Abbau von bürokratischen Hürden. Geht es nach Ulla Jelpke, sollten die "pauschalen aber unsinnigen" Widerrufsprüfungen abgeschafft werden. Für Bewerber aus Ländern mit hohen Anerkennungsraten plädiert sie gar für eine Rückkehr zum oftmals kritisierten Fragebogenverfahren.

Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, kritisiert, dass von oben zu viel Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt werde: "Die Leitung des Bamf hat schon seit langem unerreichbare Zielvorgaben für die Bearbeitung der anhängigen Asylverfahren ausgegeben." Gründlichkeit müsse jedoch vor Schnelligkeit gehen.

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