Brexit-Deadline: Drama, Tragödie oder doch Tragikomödie?

22.3.2019, 11:31 Uhr
Die EU und Großbritannien einigten sich bei einem Gipfel am Donnerstag darauf, den Brexit bis zum 12. April zu verschieben.

© Geert Vanden Wijngaert/AP Pool/dpa Die EU und Großbritannien einigten sich bei einem Gipfel am Donnerstag darauf, den Brexit bis zum 12. April zu verschieben.

Schwer zu entscheiden, in welches Genre das Stück gehört, das da auf der europäischen Bühne gespielt wird: Drama, Tragödie oder doch eher Tragikomödie. Klar aber ist: Es hat jetzt schon Überlänge und fängt trotz einiger hochinteressanter Irrungen und Wirrungen an zu langweilen.

Deshalb ist es gut, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union jetzt in die Regie eingreifen und dem britischen Parlament klare zeitliche Vogaben machen. Bis zum 12. April müssen sie entweder den Austrittsvertrag annehmen oder aber ohne Deal gehen.


Neue Deadline: EU und May verschieben Brexit auf den 12. April


Nun sitzen im britischen Parlament Abgeordnete, die sich der Realtität komplett verweigern. Sie wird keine Vorgabe der Welt mehr erreichen. Es gibt aber auch etliche, die bisher ihre Vernunft der Parteidisziplin untergeordnet haben. Sie können diese Haltung jetzt überdenken - und vielleicht wird dies befördert durch den Schrecken eines ungeordneten Austritts. Denn die Folgen treffen in der ersten Linie das Vereinigte Königreich, dessen Exporte dann durch Zölle teurer und auf dem internationalen Markt unattraktiv werden. Zudem werden internationale Firmen weiter Jobs von der Insel in die anderen Staaten der Gemeinschaft verlagern.

Konsequenzen überdeutlich sichtbar

Dies mag eine Koalition der Vernünftigen befördern, die dann zwei Möglichkeiten hat: Sie beschließt einfach den Austrittsvertrag; Großbritannien verlässt dann die EU im Mai ohne große Friktionen. Am Rande bemerkt: Es ist ebenso merkwürdig wie bezeichnend für die Qualität der Debatte, dass der Backstop, die Grenzregelung zwischen Nordirland und der Republik Irland, so in den Mittelpunkt gerückt sind. Dabei geht völlig unter, dass Großbritannien trotz Austritt weiter Geld an die EU zahlen und deren Regeln achten muss, aber nicht mehr mitbestimmen kann.

Die andere Möglichkeit einer solchen parteiübergreifenden Koalition: Sie beschließt ein neues Brexit-Votum. Das wäre eine gut begründete Alternative, die übrigens vor kurzem nur knapp an einer Mehrheit vorbeischrammte. Denn bei der ersten Abstimmung, vor knapp drei Jahren, wusste kaum einer der Wähler, was es eigentlich bedeutet, wenn Großbritannien die Europäische Union verlässt. Jetzt sind die Konsequenzen überdeutlich sichtbar - und die Frage an die Wähler, an den Souverän also, sehr legitim: Wollt Ihr das wirklich so?


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Gut, dann müssen die Briten doch an den Europawahlen teilnehmen. Aber zugleich wird dann endlich deutlich, welches Stück gespielt wird: Falls dann, wie derzeit zu erwarten, eine Mehrheit fürs Verbleiben stimmt, war es eine Tragikomödie.

Und falls die Briten ohne neue Abstimmung gehen, ob mit oder ohne Deal, war es allenfalls ein Drama. Zu einer Tragödie wird sich die Aufführung nicht mehr ausweiten.

 

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