Brexit-Vorlage: Erste Politiker ziehen Konsequenzen

15.11.2018, 10:24 Uhr
Theresa Mays Brexit-Entwurf schlägt erwartungsgemäß hohe Wellen.

© AFP Theresa Mays Brexit-Entwurf schlägt erwartungsgemäß hohe Wellen.

Der britische Nordirland-Staatssekretär Shailesh Vara ist am Donnerstag als erster Politiker aus Protest gegen den Brexit-Vertragsentwurf zurückgetreten. Der Tory-Politiker nannte Großbritannien eine "stolze Nation", die nicht darauf reduziert werden sollte, den Regeln anderer Länder zu gehorchen. "Die Menschen in Großbritannien verdienen Besseres", teilte Vara im Kurznachrichtendienst Twitter mit.

 

Auch der britische Brexit-Minister Dominic Raab ist aus Protest gegen den Vertragsentwurf von seinem Amt zurückgetreten. Das teilte Raab im Kurznachrichtendienst Twitter mit. Der Jurist gilt als ehrgeizig und hatte mehrere Posten in der Politik inne, unter anderem im Außenministerium. Raab ist wie sein Vorgänger David Davis, für den er eine Zeit lang als Büroleiter arbeitete, ein Brexit-Hardliner. Auch Davis war wegen großer Differenzen mit May über den geplanten EU-Austritt im Juli 2018 zurückgetreten. Kurz nach der Ernennung Raabs zum Brexit-Minister hatte May die Brexit-Verhandlungen zur Chefsache erklärt. Sie teilte Raab eine Stellvertreterrolle bei den Gesprächen mit Brüssel zu. Nicht immer machte Raab als Brexit-Minister eine glückliche Figur: So handelte er sich mit einer Äußerung zum Handel zwischen Großbritannien und dem Kontinent heftigen Spott ein. Ihm sei das volle Ausmaß der Bedeutung des Ärmelkanals für den Handel nicht klar gewesen, hatte Raab bei einer Konferenz in London gesagt.

Britische Medien rechneten mit weiteren Rücktritten von Politikern in diesen Tagen aus Protest gegen die Brexit-Pläne von Premierministerin Theresa May. Als mögliche Kandidaten wurden unter anderem Handelsminister Liam Fox, Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt und Arbeitsministerin Esther McVey genannt.

Liberaldemokraten: Entwurf ist "idiotisch"

Die britischen Liberaldemokraten lehnen den mit der EU ausgehandelten Entwurf eines Brexit-Vertrages ab. Die Liberaldemokraten, die für einen Verbleib ihres Landes in der EU sind, würden im Parlament gegen den von Premierministerin Theresa May vorgelegten Entwurf stimmen. Das kündigte ihre Abgeordnete Wera Hobhouse am Donnerstag im Radioprogramm SWR Aktuell an. Der Vertrag über die Modalitäten des Ausscheidens aus der Union sei „idiotisch“. Hobhouse kritisierte, dass Großbritannien Mitglied in der Zollunion und im Binnenmarkt bleiben solle, aber keine Abgeordneten mehr ins Europäische Parlament entsende und damit nicht mehr am Verhandlungstisch sitzen werde. „Was soll das, dass wir uns an alles halten, aber nicht mehr mitmachen“, fragte sie. Hobhouse forderte erneut ein zweites Referendum über die Frage, ob die Briten angesichts des schlechten Verhandlungsergebnisses tatsächlich aus der EU austreten wollten.

 

Fast zeitgleich mit Varas Rücktritt hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel einberufen, um den Austrittsvertrag der Europäischen Union mit Großbritannien unter Dach und Fach zu bringen. Das Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs soll am 25. November in Brüssel stattfinden. Großbritannien will Ende März 2019 die Staatengemeinschaft verlassen.

In einer fünfstündigen Debatte hatte sich May am Mittwochabend die Zustimmung ihres Kabinetts für den Entwurf des Brexit-Abkommens gesichert. Sie wollte das 585 Seiten starke Dokument an diesem Donnerstag dem Parlament in London vorstellen.

Dabei muss sie sich allerdings auf starken Gegenwind einstellen. May dürfte erhebliche Probleme haben, für den Deal eine Mehrheit im Unterhaus zu finden, das den Vertrag später ratifizieren muss.

Die Opposition hatte bereits angekündigt, gegen das Abkommen zu stimmen. Herbe Kritik kam auch von Brexit-Hardlinern in ihrer eigenen Partei und der nordirischen DUP. Mays Minderheitsregierung ist auf die Unterstützung der DUP-Abgeordneten angewiesen.

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