Brüllen, pöbeln, verleumden: Die AfD bricht auseinander

14.7.2015, 06:00 Uhr
Die neue AfD-Chefin: Frauke Petry.

© afp Die neue AfD-Chefin: Frauke Petry.

Der Ton in der AfD ist rau geworden, Respekt und Höflichkeit sind verschwunden, sagt Siegfried Ermer, bislang mittelfränkischer Bezirksvorsitzender der Partei. In seinem Kreisverband Erlangen sei der Umgang noch angenehm, Ermer spricht von einer "Oase in problematischem Umfeld". In anderen Teilen Mittelfrankens werde dagegen nur noch gebrüllt, gepöbelt und verleumdet. Es sind die Anhänger der neuen AfD-Chefin Frauke Petry, die brüllen, pöbeln und verleumden. Ihnen habe Petrys Wahl zur Bundesvorsitzenden Auftrieb gegeben; wer anders denke, auf den werde eine Hetzjagd verübt – bis hin zum Anschwärzen beim Arbeitgeber.

Ermer zog die Konsequenzen. Er - und der gesamte mittelfränkische Bezirksvorstand, deren Vorsitzender er war - traten zurück. Und auch anderswo in der Region bricht die Partei auseinander. Arnd Feistel zum Beispiel, Chef des Forchheimer Kreisverbands, zog seine Konsequenzen aus "abstoßenden und widerlichen" Angriffen auf Parteigründer Bernd Lucke beim jüngsten Parteitag – und trat aus: "Ich möchte definitiv nicht Mitglied einer 'Pegida-Partei' sein." Feistl fürchtet, dass die AfD zur "populistischen Resterampe" verkommt. Mit einem drohenden Rechtsruck begründen auch die Kreisvorstände Coburg-Kronach und Amberg-Neumarkt ihre Rücktritte.

Anderswo werden die Ergebnisse des Parteitags völlig anders bewertet. Im Nürnberger Kreisverband zum Beispiel. Vorsitzender Martin Sichert spricht von einer "Aufbruchsstimmung", die der Nürnberger AfD schon vier neue potenzielle Mitglieder beschert habe.

Nach heftigen Machtkämpfen hatte sich auf dem Parteitag Anfang Juli der nationalkonservative Flügel der AfD, der lautstark Stimmung gegen Zuwanderer und Flüchtlinge macht, durchgesetzt und Frauke Petry zum Sieg im Kampf um die Parteispitze verholfen. AfD-Gründer Lucke, der dem liberal-bürgerlichen Flügel zugerechnet wird, verließ daraufhin die Partei. Nun wollen seine Anhänger, vielleicht schon an diesem Sonntag in Kassel, eine neue Partei gründen.

Der bisherige mittelfränkische Bezirksvorsitzende Siegfried Ermer will einer Partei der Lucke-Anhänger nicht beitreten. Ihn ärgert zwar der neue Umgangston in der AfD, nicht aber die Personen, nicht Frauke Petry. "Lucke wäre auch nicht der richtige Parteiführer gewesen", sagt Ermer. "Er ist oberlehrerhaft, will immer Recht haben. Petry agiert da viel geschickter." Allein dass Petry nun die Geister, die sie rief, wieder einfangen kann - daran hat der Erlanger seine Zweifel. Die Resignation über das Auseinanderbrechen der AfD ist ihm anzuhören. Einen Austritt aus der Partei schließt er zwar aus. Ebenso aber ein stärkeres Engagement: "Ich fühl’ mich jetzt eher als Beobachter."

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