Bush liest Trump die Leviten - und sendet ein Signal

20.10.2017, 13:34 Uhr
Bush liest Trump die Leviten - und sendet ein Signal

© Foto: Seth Wenig/dpa

"Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", heißt es. Das gilt unter anderem (oder sogar vor allem) auch für Politiker, die sich aus dem aktiven Geschehen zurückgezogen haben. Umso bemerkenswerter ist es, dass nun George W. Bush das Wort ergreift und eine volle Breitseite auf seinen Parteifreund und Amtsnachfolger Donald Trump abfeuert - auch wenn er dessen Namen nicht explizit nennt.

"Blinder Eifer scheint auf dem Vormarsch. Unsere Politik ist anfälliger denn je für Verschwörungstheorien und regelrechte Lügenmärchen", wettert er und spielt damit zweifellos auf jene "alternative facts" ab, welche Trumps Entourage so gern präsentiert, wenn es politisch opportun ist und mal wieder Stimmung gemacht werden muss. Jene "alternative facts" sind, wie jeder weiß, kein Faux-Pas, sondern haben Methode in der Trump-Administration. Sie sind meist binnen Stunden als das enttarnt, was sie sind: dreiste Lügen, die oft nur dem Zweck dienen, von den wahren Fakten abzulenken.

Überraschend deutliche Worte findet Bush auch in der Rassismus-Debatte: Blinder Eifer und weißer Nationalismus seien in jeder Form eine Schmähung für das Credo Amerikas - solch einen Satz hätte man bis vor kurzem wohl eher dem ermordeten Prediger Martin Luther King zugeschrieben als dem Texaner, der in seinen zwei Amtszeiten wahrlich nicht als begnadeter Redner oder Mediator zwischen den verschiedenen Ethnien aufgefallen war.

Völlig verklären darf man diesen Auftritt George W. Bushs allerdings nicht. Wenn er Sätze sagt wie "Um unser Land zu erneuern, müssen wir uns nur unserer Werte erinnern", darf man sich gern vor Augen halten, dass es mit Amerikas Werten auch nicht weit her war, als er die Kriege im Irak und in Afghanistan anstrengte. Der Feldzug gegen Saddam Hussein basierte schließlich auf einer Lüge, nämlich jener, dass der irakische Diktator angeblich Massenvernichtungswaffen anstrebte, was nachweislich nicht stimmte und dem amerikanischen Geheimdienst auch bekannt war.

Dann waren da noch das gravierende Beschneiden von Bürgerrechten, ermöglicht durch den "Patriot Act", oder die Einrichtung des bis heute umstrittenen Gefangenenlagers Guantánamo Bay auf Kuba. Ferner tat Bush alles, um den neu ins Leben gerufenen Internationalen Strafgerichtshof zu schwächen - aus Angst davor, dass dort auch US-Amerikaner wegen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden könnten. All das kann man guten Gewissens auch als einen Verrat an den ursprünglichen amerikanischen Werten bezeichnen.

Dennoch zeigt Bushs Rede, dass es Teilen der Republikaner mächtig gegen den Strich geht, dass sich ihr derzeitiger Präsident benimmt wie die sprichwörtliche Axt im Walde und Isolationismus in einer Zeit betreibt, in der jeder andere Demokratie längst verstanden hat, dass man in einer globalisierten Welt besser gemeinsam vorankommt. Die Rede des Texaners, von vielen Parteifreunden bejubelt, zeigt, dass Trumps Rückhalt im Land schwindet. Das ist nicht die schlechteste Nachricht des heutigen Tages.

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