Cordts Berufung: Führungswechsel schürt Ängste

18.8.2016, 23:59 Uhr
Cordts Berufung: Führungswechsel schürt Ängste

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Vor wenigen Monaten ließ sich Frank-Jürgen Weise einen Tag von dieser Zeitung begleiten; er gab Einblicke in seine Jobs – als Leiter der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), und er sagte diesen Satz: „Ende des Jahres, wenn hier alles geordnet ist, werde ich das Bamf verlassen.“ Nun steht fest, wer ihm im Asylamt nachfolgen wird.

Nach Informationen dieser Zeitung wird Jutta Cordt die neue Präsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Sie soll ab Oktober in der Nürnberger Zentrale sein, wohl zunächst eingearbeitet werden und dann im neuen Jahr die Leitung übernehmen. Weder das Bundesamt noch das ihm übergeordnete Bundesinnenministerium (BMI) äußerten sich auf Nachfrage zu der Personalie.

Schon vor Wochen war im Gespräch, dass Cordt zum Bamf wechseln könnte – damals wurde sie als künftige Vize-Präsidentin gehandelt. Den Zuschlag bekam aber Uta Dauke, sie kam aus dem BMI nach Nürnberg. Von Mitarbeitern war die im Mai verkündete Entscheidung mit Erleichterung aufgenommen worden. Viele fühlen sich mit dem Innenministerium eng verbunden, von Uta Dauke erhoffe man sich Verstärkung, „sollte es tatsächlich mal ernst werden“, sagte Personalrat Gernot Hüter in einer Personalversammlung und spielte damit auf den schwelenden Streit zwischen Mitarbeitervertretung und Bamf–Leitung an.

Die Bundesagentur wird hingegen misstrauisch beäugt, verbreitet fürchtet man sich im Bamf vor einer „BA-isierung“ – die Berufung von Jutta Cordt, ein klassisches Gewächs der Arbeitsagentur, verstärkt das. Begonnen haben die Ressentiments mit der Berufung des Noch-Leiters Frank-Jürgen Weise an die Spitze des Bamf. Er sollte, so sein Auftrag im Herbst vergangenen Jahres, den Berg an unbearbeiteten Asylanträgen rasch abbauen und damit das ins öffentliche Visier geratene Bamf aus den Schlagzeilen führen. Kurz nach seinem Antritt hatte Weise selber die Arbeitsabläufe im Asylamt bemängelt, die Mitarbeiter hatten ihm das übel genommen.

In den letzten Monaten wurden im Bamf Computersysteme vereinheitlicht, Asylverfahren beschleunigt, die Zahl der Mitarbeiter wurde fast verdreifacht, oder: Überfällige Prozesse wurden nicht nur angestoßen, sondern – ein Problem früherer Jahre – von der Politik auch vorangetrieben. Allerdings musste Weise jüngst eingestehen, dass die anvisierte Marke von einer Million bearbeiteter Anträge im laufenden Jahr nicht zu halten sein wird.

Der Druck ist hoch

Und immer wieder wird Kritik laut an der Art und Weise, wie das Bamf umgestaltet wurde. Erst vor kurzem entschied das Verwaltungsgericht Ansbach, dass sowohl die Einstellung von Mitarbeitern in dreistelliger Höhe als auch die Anordnung von Mehr- und Schichtarbeit rechtswidrig war. Außerdem beschweren sich immer wieder Mitarbeiter über den Druck, der von der Führung ausgeübt werde. Es gehe nur noch um Quantität, nicht mehr um die Qualität der Entscheidungen. Das seien „BA-Manieren“, heißt es von Mitarbeitern.

Ohnehin geht das Gespenst um, man werde von der BA irgendwann ganz geschluckt – Leiter Weise hat das jedoch immer ins Reich der Märchen verwiesen. Unwahrscheinlich erscheint das auch, weil die beiden Behörden in den Bereich unterschiedlicher Ministerien fallen. Die BA gehört ins Arbeitsressort, das Bamf ins Innenressort. Auffällig ist allerdings, dass viele Führungspositionen im Asylamt in den letzten Monaten mit ehemaligen Mitarbeitern der Arbeitsagentur besetzt wurden: Zwei der acht Abteilungsleiterposten wurden jüngst an BA-Mitarbeiter vergeben. Aus der Arbeitsagentur stammt auch die Leiterin des operativen Bereichs, Katja Wilken-Klein, sie gilt als Weises rechte Hand. Auch mehrere Gruppen- und Referatsleiter sind erst vor kurzem von der Arbeitsagentur zum Asylamt gewechselt.

Und nun kommt die neue Präsidentin hinzu, die im Prinzip ihr komplettes Arbeitsleben in der BA verbracht hat. Erfahrungen im Asylbereich zeigt Jutta Cordts Lebenslauf nicht auf. Engagiert hat sich die 52-Jährige in den letzten Monaten allerdings immer wieder bei der Verzahnung beider Bereiche: In der von ihr betreuten Regionaldirektion Berlin-Brandenburg startete vor einem Jahr ein Pilotprojekt, das Flüchtlinge schneller in den Arbeitsmarkt bringen sollte. Schon bei der Asylantragstellung wurden Schul- und Berufsabschlüsse geklärt, bei ausreichenden Sprachkenntnissen und Qualifikationen wurden die Asylbewerber an ein neues Spezialteam weitervermittelt.

Einstieg für Flüchtlinge

Eingeflossen sind diese Erfahrungen in die Ankunftszentren, hier sollen Asylanträge im Bestfall innerhalb von 48 Stunden bearbeitet werden, außerdem soll es eine Beratung für einen möglichen Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt geben. Vor einem knappen Monat eröffnete Jutta Cordt – noch als Leiterin der Regionaldirektion – ein Ankunftszentrum in Eisenhüttenstadt. „Arbeit ist die beste Form der Integration“, sagte sie dort. Es könnte die Leitlinie ihrer Arbeit als Präsidentin des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge werden.

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