CSU-Minister Gerd Müller: Links reden, konservativ handeln

8.8.2018, 12:15 Uhr
Viele Reisen führten ihn nach Afrika: Es gibt in der Politik nur wenige Menschen, die so kenntnisreich über Fluchtursachen referieren können wie 
 Gerd Müller.

© Kay Nietfeld/dpa Viele Reisen führten ihn nach Afrika: Es gibt in der Politik nur wenige Menschen, die so kenntnisreich über Fluchtursachen referieren können wie Gerd Müller.

Wem "Unfair!" zufällig in die Hände gefallen ist, der wird schon nach wenigen Seiten sicherheitshalber einen zweiten Blick auf den Einband werfen. Doch ja, das Buch, das aus der Feder eines linken Aktivisten geschrieben sein könnte, ist tatsächlich von einem CSU-Politiker. Noch dazu von einem, der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ist.

Müller warnt darin, dass "Millionen auf dem Weg nach Europa" sind, Millionen, die dank Smartphones wissen, wie gut die meisten Menschen hier leben. Der CSU-Politiker zeigt Wege aus dieser Krise auf, plädiert für die Schaffung einer ökosozialen Marktwirtschaft ohne Ausbeutung von Mensch und Natur.

Es ist dieser Tage selten geworden, dass CSU-Politiker, zumal solche in Regierungsverantwortung, in der Flüchtlingskrise über Europas Grenzen hinausschauen, meist bleiben sie genau dort stehen und fragen: Wie lässt sich Europa noch besser abschotten? Müller weiß, dass das allein nicht funktionieren wird. Mit seiner Forderung, Fluchtursachen durch die Verbesserung der Lebensumstände der Menschen in Afrika anzugehen, steht er Seite an Seite mit vielen Vertretern der politischen Linken.

Dazu passt, dass Müller nun auf die verheerende Wirkung der europäischen Agrarsubventionen und Zollpolitik auf die Entwicklung Afrikas hinweist - und Zollfreiheit für afrikanische Agrarprodukte fordert.

Kühne Worte, aber keine kühnen Taten

Allerdings: Bislang hat Gerd Müller seinen kühnen Worten keine kühnen Taten folgen lassen. Sein "Marshallplan mit Afrika" etwa klingt dem Namen nach zwar wie der große Wurf, doch je näher man hinsieht, desto mehr verstärkt sich der Eindruck konservativer, althergebrachter Entwicklungspolitik.

Zollfreiheit für Afrika, auch das klingt wieder mal kühn. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass die Bundesrepublik nun ihr Gewicht in die Waagschale wirft, um die zuständige EU-Kommission von Müllers Vorschlag zu überzeugen. Zu mächtig sind die Interessen, die dagegen stehen - denn gerade die europäische Landwirtschaft müsste bei einer Zollfreiheit für afrikanische Agrarprodukte mit massiven Verwerfungen rechnen.

Müllers Vorstoß ist ziemlich sicher nicht einmal innerhalb der eigenen Partei, der CSU, mehrheitsfähig. Ein weiteres Mal wird von einer Idee des Entwicklungsministers also wenig bleiben außer Rhetorik. Links reden, konservativ handeln - das bleibt weiter Müllers Mantra. Leider.

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