Das Bamf und die Suche nach falschen Identitäten

24.5.2018, 13:21 Uhr
Fingerabdrucknahme ist essenziell für die Identitätsfeststellung von Asylbewerbern – doch es gibt massive Probleme.

© Bernd Thissen/dpa Fingerabdrucknahme ist essenziell für die Identitätsfeststellung von Asylbewerbern – doch es gibt massive Probleme.

Und ausgerechnet dieser Begriff fiel oft in den Wochen, nachdem der Bundeswehrsoldat Franco A., der als vermeintlicher Syrer vom Bundesamt anerkannt worden war, enttarnt worden war.

Man werde noch besser werden, verkündete also das Bamf. Das Amt habe unmittelbar nach Bekanntwerden des Skandals weitere Maßnahmen zur Qualitätsoptimierung ergriffen, sagte Präsidentin Jutta Cordt: Niemand könne künftig mehr seine Identität verschleiern, auch dank neuer digitaler Hilfsmittel.

Ein zweiter Fall Franco A. sei nicht möglich, beteuerte der damalige Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung und frühere Leiter des Bamf, Frank-Jürgen Weise. An ähnlichen Aussagen hält das Bundesinnenministerium bis heute fest - eine gute und zuverlässige Identitätsprüfung sei schließlich essenziell für die Sicherheit des Landes.

Doch Recherchen der Nürnberger Nachrichten und der Welt zeigen: Noch immer existieren massive Mängel bei der Identitätsfeststellung. Zwar ist der rechtliche Rahmen gesteckt und Absichtserklärungen gibt es ebenfalls viele, doch an der Umsetzung hapert es.

Banale Dinge fehlen

Das Grundproblem: Das Bundesamt nimmt selber erst seit Herbst 2016 von allen Flüchtlingen Fingerabdrücke - wer vorher eingereist ist und wem Asyl gewährt wurde, könnte also noch mit falscher Identität hier leben. Daher müssten eigentlich die Ausländer- oder Sozialbehörden nachträglich Fingerabdrücke nehmen können, um sie dann mit dem Zentralregister abzugleichen. Doch nicht jede kann das.

Dabei ist es relativ banal, was da fehlt: Das entsprechende Equipment. Erstaunlich wenige Ausländerbehörden verfügen über die notwendigen Geräte zum Abnehmen und Vergleichen von Fingerabdrücken. Anfang 2017 besaßen 90 Prozent von ihnen noch keine Geräte. Bei einem Treffen im Februar 2017 hatten daraufhin die Ministerpräsidenten der Länder sowie die Bundeskanzlerin verabredet, dass sich Behörden im Bund, auf Landes- sowie kommunaler Ebene besser austauschen sollen, um unter anderem Asylmissbrauch zu vermeiden.

Große Lücken

Und heute? Es hat sich etwas getan, aber noch immer gibt es große Lücken. Mit Stand April sind etwa 40 Prozent - rund 200 - der 494 Ausländerbehörden noch immer nicht mit einem entsprechenden Gerät ausgestattet, erklärt das Bundesinnenministerium auf Anfrage. Hessen hat dabei den Angaben zufolge bereits reagiert und das Problem selber in die Hand genommen. Ziel sei es, bis zum Sommer alle Ausländerbehörden auszustatten.

Eine noch größerer Lücke tut sich bei den Sozialleistungsbehörden - etwa den Jobcentern - auf. Die bundesweit rund 1200 Einrichtungen sollen erst ab Mitte September mit Geräten versorgt werden, die Fingerabdrücke scannen und vergleichen. Bis Ende 2018 sollen alle Behörden ausgestattet sein, erklärt das Innenministerium.

Wie wichtig eine genaue Identitätsfeststellung ist, betonen alle Sicherheitsexperten. Durch sie soll unter anderem Asylmissbrauch unterbunden werden - etwa indem sich ein Asylbewerber mehrfach unter falschen Identitäten registriert und dann staatliche Leistungen erschleicht. Hunderte solcher Verdachtsfälle sind schon bekannt geworden. Doch enttarnt wurden im Grunde bislang nur jene Betrüger, die ab 2016 einreisten und Falschidentitäten verwendeten. Eben ab dem Zeitpunkt, als das Bamf von allen Asylsuchenden Fingerabdrücke nehmen und diese auch vergleichen konnte. Wer jedoch zuvor einreiste und Asyl erhielt, könnte auch heute noch mit verschiedenen Identitäten hierzulande leben.

Hinzu kommt: Auch nach 2016 gibt es mit der Identitätsprüfung massive Probleme - und zwar innerhalb des Bamf: In einem internen Schreiben kritisiert das Referat Qualitätssicherung, dass "in der Mehrheit der Prüffälle" keine Identitätsfeststellung vorgenommen wurde. Das hätten Stichproben ergeben. Unter den anerkannten Syrern und Irakern befinden sich demnach "auch Staatsangehörige anderer Länder wie zum Beispiel der Türkei".

Oft seien die notwendigen erkennungsdienstlichen Behandlungen nicht durchgeführt worden, schreiben die Experten. Die Identität eines Antragstellers könnte etwa durch die Fingerabdrücke einfacher geklärt werden. Eine solche Registrierung aber würde "regelmäßig gerade eben nicht" nachgeholt: "Identitäten bleiben ungeklärt."

Verwandte Themen


2 Kommentare