De Maiziere: Mehr Konsequenz bei Abschiebungen

9.2.2017, 17:00 Uhr
De Maiziere: Mehr Konsequenz bei Abschiebungen

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Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat vor dem Flüchtlingsgipfel im Bundeskanzleramt zu mehr Konsequenz bei Abschiebungen aus Deutschland aufgerufen. Es steige die Zahl derer, die bleiben dürften. "Aber auch die Zahl der Ablehnungen steigt, deswegen müssen wir mehr für Rückführungen und Abschiebungen machen", sagte de Maizière am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Am Abend beraten Bund und Länder bei einem Spitzentreffen in Berlin über einen 16-Punkte-Plan für schnellere Abschiebungen.

Mit dem Hin- und Hergeschiebe der Verantwortlichkeit zwischen Bund und Ländern müsse Schluss sein, so de Maizière. "Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung." Auch der Bund solle mehr Verantwortung übernehmen.

Der Plan sieht unter anderem Bundesausreisezentren für Asylantragsteller vor, die voraussichtlich keinen Anspruch auf Schutz in Deutschland bekommen. Die Anreize für eine freiwillige Rückkehr sollen gestärkt werden. Betroffene sollen umso mehr Geld bekommen, je früher sie sich dafür entscheiden.

Abschiebe-Praxis soll von anderen Problem ablenken

Man müsse konsequent sein bei denen, die nicht bleiben dürften, sagte de Maizière. Dazu sollen auch Abschiebungen nach Afghanistan gehören, was bei einigen von SPD und Grünen regierten Ländern auf Ablehnung stößt. De Maizière sagte, die Rückführungen liefen verantwortungsvoll, behutsam und in sichere Gegenden: "Generell darauf zu verzichten, das geht nicht."

Grünen-Chef Cem Özdemir lehnt dagegen Abschiebungen nach Afghanistan ab. Im RBB-Inforadio warf er der Bundesregierung vor, mit
ihrer Abschiebe-Praxis von ungelösten Problemen abzulenken.
"Die Leute, die sie abschieben sollten, nämlich Menschen aus den Maghreb-Staaten, die bei uns ihr Aufenthaltsrecht verwirkt haben", könnten sie nicht abschieben, weil sie keine Rücknahmeabkommen mit diesen nordafrikanischen Ländern verhandelt bekämen. "Das Problem kriegen sie nicht gelöst, dann schieben sie ersatzweise nach Afghanistan ab."

Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl kritisierte die Pläne. "Das ist deswegen problematisch, weil beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Eilverfahren unter Missachtung von Standards durchgeführt werden", sagte der Geschäftsführer Günter Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur. Pro Asyl kritisierte, bei Ablehnung von Asylanträgen gebe es bereits heute viele Fehlentscheidungen.

Städtetagspräsidentin Eva Lohse betonte, wie wichtig ein funktionierendes Rückkehrmanagement sei. "Die effektive Rückführung abgelehnter Asylbewerber (...) ist notwendig, um die Akzeptanz der Bevölkerung für die Aufnahme derjenigen zu erhalten, die tatsächlich unseren Schutz vor Krieg und Verfolgung brauchen", erklärte sie in der "Passauer Neuen Presse".

Forderung nach Sanktionen für Inkonsequenz

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte Sanktionen für Bundesländer, die nicht konsequent abschieben. "Denn die Abschiebepraxis von Rot-Grün-geführten Bundesländern lässt häufig noch zu wünschen übrig", sagte Hasselfeldt der "Rheinischen Post".

Laut einem "Welt"-Bericht sind die ausreisepflichtigen Ausländer sehr unterschiedlich auf die Bundesländer verteilt. Das gehe aus einer BAMF-Auflistung hervor. Von den 207 484 Betroffenen, die Ende 2016 in Deutschland lebten, entfielen demnach 62 906 auf das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. In dem nach der Einwohnerzahl zweitgrößten Bundesland Bayern lebten hingegen lediglich 16 587 Ausreisepflichtige - nicht viel mehr als in Berlin. Die Zahl der Abschiebungen war innerhalb eines Jahres von 20 888 auf 25 375 im vergangenen Jahr gestiegen.

Der Städte- und Gemeindebunde warnte vor Mehrausgaben von drei Milliarden Euro im laufenden Jahr, wenn Hunderttausende ausreisepflichtige, abgelehnte Asylbewerber nicht in ihre Heimat zurückgeführt werden. "Wenn sich am Verfahren nichts ändert, werden Ende 2017 rund 450 000 ausreisepflichtige Menschen in Deutschland leben», sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinischen Post". Die rund 80 000 Rückführungen 2016 seien "viel zu gering".

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