Deutsches Schulsystem: Weit entfernt von Chancengleichheit

12.9.2017, 12:47 Uhr
Unsere Schulen haben einmal den sozialen Aufstieg ermöglicht. Diese Funktion haben sie heute weitgehend eingebüßt.

© dpa Unsere Schulen haben einmal den sozialen Aufstieg ermöglicht. Diese Funktion haben sie heute weitgehend eingebüßt.

Eigentlich sollten wir uns, zumal am ersten Schultag nach den Ferien, über diese Nachricht freuen: Deutschlands Bildungssystem steht im internationalen Vergleich gut da. Der Übergang zwischen Schule und Beruf klappt zumindest vergleichsweise reibungslos, die Jugendarbeitslosigkeit ist derzeit praktisch nicht existent. Natürlich hat die auf den ersten Blick rosige Lage mit der guten Konjunktur zu tun - aber eben auch mit der beruflichen Bildung hierzulande, die in anderen Ländern lange belächelt wurde, inzwischen aber als Vorbild gilt. 

Ein Vergleich der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) kommt nun - wenig überraschend - zu dem Schluss, dass andere Industrieländer da deutlich größeren Nachholbedarf haben. Mal ganz abgesehen davon, dass Bildung hier, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kostenlos ist und unsere Studenten ihre Hochschulen nicht mit einem Riesenberg an Schulden verlassen. 

Trotzdem lohnt sich ein zweiter Blick auf das deutsche System - denn unser Bildungssystem hat große Schwachstellen. Die sind schon lange bekannt, dazu braucht es keine neuen Studien. An der Problembekämpfung hapert es aber gewaltig. Ein paar Beispiele: Der Bildungserfolg hängt immer noch sehr stark vom Elternhaus ab; in dieser Hinsicht gehört Deutschland immer noch zu den Schlusslichtern.

Beschämender Rückschritt

Damit hängt zusammen, dass der Anteil der jungen Erwachsenen, die gar keinen Berufsabschluss haben, seit Jahrzehnten stagniert. Mit 13 Prozent ist er auch noch deutlich höher als etwa in Österreich oder der Schweiz. Und die Personaldecke an den Schulen, auch in Bayern, ist teilweise so dünn, dass zusätzliche Aufgaben wie die Inklusion behinderter Kinder kaum zu stemmen sind. 

Wir sind also verdammt weit entfernt von einer Chancengleichheit. Unsere Schulen haben einmal den sozialen Aufstieg ermöglicht. Diese Funktion haben sie heute weitgehend eingebüßt - ein beschämender Rückschritt. Trotzdem geben wir, gemessen an der Wirtschaftsleistung, für Bildung viel weniger aus als andere Länder.

Die nächste Bundesregierung muss hier endlich etwas bewegen und dieses Budget deutlich erhöhen. Sonst lässt sie die sozialen Schichten weiter auseinanderdriften - und gefährdet den sozialen Frieden.

 

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