Die Frau an Gaucks Seite: Daniela Schadt zieht Bilanz

19.3.2017, 11:25 Uhr
Die Frau an Gaucks Seite:  Daniela Schadt zieht Bilanz

© Anabel Schaffer

Vor fünf Jahren - zu Beginn der Amtszeit - hatten Sie Angst?

Daniela Schadt: Respekt vor der Aufgabe ja, Anspan­nung natürlich auch – aber keine Angst. Dazu hatte ich gar keine Zeit, ich war viel zu sehr damit beschäftigt zu verste­hen, was da alles Neues auf mich zukam. Das musste ich mir aber nicht alles selbst erschließen: Im Amt gibt es ja hilfsbereite Menschen.

Nie ein Gedanke daran, was alles schiefgehen könnte?

Schadt: Sicher – aber wenn man zum Einkau­fen fährt, denkt man ja auch nicht die ganze Zeit an die Unfallstatistik. Es kann alles Mögliche passieren, aber die­sen Gedanken schiebt man beiseite, weil man überlegt, was es zum Abendes­sen geben soll...

Keine schlaflosen Nächte, weil man vielleicht der Queen auf die Schleppe treten könnte?

Schadt: Nein. Meist war ich einfach neugie­rig. Und die Aufgaben sind nicht groß und unheimlich, sie sind interessant und schön! Ich muss ja keine Rede hal­ten, über die die Republik am nächsten Tag diskutiert. Also mal ganz offen: Was hätte schlimmstenfalls passieren können? Dass ich im Abendkleid die Treppe runtersegle?

Aber selbst das hät­te mit Sicherheit nicht den Lauf der Welt verändert. Natürlich war ich auf­geregt, als klar war, am nächsten Tag wirst du "Queen Elizabeth" treffen. Aber erst, als mir die Pressestelle immer wieder sagte, wie viele Presse­teams anwesend sein würden, habe ich irgendwann gesagt: "So, jetzt habt ihr’s geschafft, jetzt bin ich nervös!"

Sie finden sich unfotogen. Wie haben Sie die Blitzlichtgewitter überlebt?

Schadt: Ich dachte ja, das gibt’s nur im Film. Doch es gibt sie wirklich. Allerdings vor allem bei Staatsempfängen mit gekrönten Häuptern oder beim Ball des Sports. Hinterher siehst du nichts mehr und sagst dir: Das gehört eben auch dazu. Was denkt der Zuschauer, wer filmt mich jetzt, wie viele Kameras sind auf mich gerichtet? Solche Gedanken muss man ausknipsen, sonst kann man sich vor Verkrampfung nicht auf das Gegenüber oder Thema einlassen. Jeder kennt das von Familienfeiern: ,Jetzt mal ganz ungezwungen!’ – und schon steht jeder rum wie Falschgeld.

Was fiel Ihnen schwer?

Schadt: Anstrengend ist, wenn bisweilen alle auf dich gucken. Und vor allem auf Rei­sen ist das Programm extrem dicht ge­drängt; da ist die Anspannung, gerade mit unterschiedlichen Zeitzonen, schon hoch. Zudem bin ich kein Packgenie.

Und was haben Sie ganz besonders genossen?

Schadt: Begegnungen, die ich sonst nicht gehabt hätte. Zum Beispiel in Israel. Da sitze ich beim Staatsbankett neben Schimon Peres und kann mich den gan­zen Abend mit einem Menschen, den ich als politische Journalistin mit mei­ner Aufmerksamkeit begleitet habe, über seine Biografie unterhalten! Auch über persönliche Dinge – dass er mit 24 Jahren sein erstes Glas Wein getrunken hat. Oder die Begegnung mit dem japa­nischen Kaiserpaar: unvergesslich! Die­se beiden Menschen hatten eine un­glaubliche Aura von Liebenswürdig­keit und Noblesse um sich und sind uns derart zuwendend begegnet, dass es uns wirklich zu Herzen ging.

Sie sagen, dass Sie bei der Rückschau vor allem Dankbarkeit für all die Erfah­rungen und Begegnungen empfinden. Wie haben diese Sie geprägt?

Schadt: Zum einen haben sie mich klüger gemacht. Wer kümmert sich beispiels­weise um die Kinder psychisch kranker Menschen oder die Suchtkranker? Mein Blickfeld hat sich hier vom konkreten Fall auf das gesamte Umfeld erweitert. Zum anderen haben mich die Erfahrun­gen weicher gemacht. Weil du nicht mit einer Statistik, sondern mit Menschen in ihren ganz speziellen Lebenssituatio­nen zu tun hast; und du feststellst, dass es unglaublich viele Menschen in Deutschland gibt, die sich mit einer immensen Energie um jene kümmern, die es schwerer haben. Und tun sie das aus innerer Überzeugung und Begeiste­rung, überträgt sich diese Stärke auf ihr Gegenüber. Man wird demütig, wenn man sieht, wie viele Menschen mit Problemen, sozialer Benachteili­gung oder Schicksalsschlägen konfron­tiert sind, die einem selbst bislang erspart blieben.

Was wird Ihnen fehlen?

Schadt: Ich werde ganz viele Menschen, mit denen ich zusammengearbeitet habe, vermissen. Natürlich auch das Schloss, weil ich mich jedes mal freue, dass es der Bundesrepublik so angemessen ist. Repräsentativ, aber nicht pompös oder übermäßig groß. Einfach wunderschön. Und ich freue mich daran, selbst wenn ich auf dem Weg zum Bahnhof nur dar­an vorbeifahre.

Und der ganze Glitzer?

Schadt: Hier und da wird er schon fehlen. Aber eher in dem Sinne: Es war schön, dass du das erleben durftest, sei dank­bar dafür.

Schon an diesem Sonntag geht es zunehmend zurück ins normale Dasein. Wie wird das?

Schadt: Das Leben des Bundespräsidenten wird sich viel stärker verändern als mei­nes. Jochen wird spontan spazieren ge­hen können, ohne es vorab anmelden zu müssen. Und auch für mich wird es anders sein, wenn ich statt des tägli­chen Aufgabenplans meine Zeit wieder komplett selbst verwalte. Ich habe noch etliche Jahre bis zur Rente – mal sehen, welche Perspektiven sich beruflich erge­ben. Und jetzt: erst mal Wohnungssu­che. Und mehr Zeit für den Freundes­kreis!

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