Ditib bleibt Anti-Terror-Demo fern: Absage mit Kalkül

16.6.2017, 10:38 Uhr
Die Ditib-Zentralmoschee in Köln: Der Dachverband wird sich nicht an dem für Samstag geplanten Friedensmarsch beteiligen.

© dpa Die Ditib-Zentralmoschee in Köln: Der Dachverband wird sich nicht an dem für Samstag geplanten Friedensmarsch beteiligen.

Die Frage leuchtet ein: Wieso sollen sich Muslime für islamistische Anschläge rechtfertigen müssen? Nach einem rechtsextremen Übergriff verlange doch auch niemand von Deutschen ohne Migrationshintergrund eine Distanzierung von den Tätern.

Mit einer vergleichbaren Argumentation begründet Ditib, der größte islamische Dachverband in Deutschland, seine Nicht-Teilnahme an der großen Demo in Köln. Wörtlich teilt der Verband mit: "Forderungen nach 'muslimischen' Antiterrordemos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen."

Wenig überzeugend

Überzeugend ist das kaum, denn die befürchtete Stigmatisierung gibt es längst. Sie ist zu bedauern, aber sie ist eine Realität in Zeiten, in denen blutige Terroranschläge in Europa vor allen von Muslimen begangen werden, selbst wenn diese einer perversen Version ihres Glaubens nachhängen. 

Nein, Muslime müssen sich für solche Taten nicht verantworten. Aber sie können ein Zeichen setzen gegen die Beschmutzung ihres Glaubens durch Extremisten - um nichts anderes geht es in der Kölner Demo. Und wer nun reflexhaft mit Zitaten aus dem Koran belegen will, dass der Islam per se gewaltättig ist, dem sei ein selbstkritischer Blick in die Bibel empfohlen...

Mit seiner Absage an die Demo, die Ditib dann auch noch mit der erwarteten Hitze begründet, die Muslimen an Ramadan nicht zuzumuten sei, stellt sich der Ankara-hörige Verband ins Abseits - beziehungsweise noch weiter ins Abseits, wie man nach dem Skandal um Spitzeleien wohl schreiben muss. Genau das aber ist wohl gewollt - um mit dem erwarteten Aufschrei über die Nicht-Teilnahme an der Kölner Demo viele Deutschtürken noch enger an den türkischen Präsidenten Erdogan zu binden.

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