Ditib weist Kritik zurück

22.8.2016, 20:30 Uhr
Ditib weist Kritik zurück

© Hagen Gerullis

Beim Ziel sind sich alle einig: Islamunterricht für junge Muslime gehört nicht in die Hände von Hinterhof-Predigern. Doch nach wie vor haben die zuständigen Bundesländer Probleme, anerkannte Islam-Religionsgemeinschaften für Kooperationen zu finden – also suchen sie bei den sehr heterogenen muslimischen Verbänden. Auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) ist Ansprechpartner für mehrere Bundesländer beim islamischen Religionsunterricht. Das Problem: Sie untersteht der türkischen Religionsbehörde – und ist damit, so sagen Kritiker, dem direkten Einfluss von Präsident Recep Tayyip Erdoğan ausgesetzt.

Lange war die Nähe zu Ankara kein großes Thema, galt die Ditib doch als weitgehend immun gegen islamischen Extremismus. Aber seit Erdoğans massiver Reaktion auf den Putschversuch vom 15. Juli macht sich Unbehagen breit – politische Propaganda soll nicht in deutschen Klassenzimmern landen. Als prominentester Skeptiker sagt Unionsfraktionschef Volker Kauder: „Meines Erachtens sollte man es nicht zulassen, dass ein Verband wie Ditib, der offenbar Sprachrohr von Präsident Erdoğan ist, den islamischen Religionsunterricht in Schulen gestaltet.“ Andere Politiker von Union und SPD rufen die Organisation zur Abgrenzung von Ankara auf.

Das Dilemma liegt auch in der unterschiedlichen Schulpolitik der Länder. Laut Kultusministerkonferenz (KMK) bieten Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, NRW, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz und seit kurzem auch das Saarland Islamunterricht unter staatlicher Aufsicht an.

„Stehen für Neutralität“

Die hiesigen Ditib-Gemeinden wehren sich gegen Vorwürfe, verlängerter Arm Erdoğans in Deutschland zu sein. „Die Ditib steht absolut für politische Neutralität in allen Belangen. Das ist bei uns die oberste Direktive“, betont Yalçın Koç, zweiter Vorsitzender der Ditib-Gemeinde Schwabach. „In den Gemeinden wird soziale und religiöse Arbeit geleistet.“ Nach dem Putschversuch hätten weder der Moscheevorstand noch der Imam „irgendeine Tendenz pro oder kontra Erdoðan oder irgendeiner anderen Partei vermittelt“. Hasan Aslan, erster Vorsitzender der Ditib Nürnberg, unterstreicht, dass es auch in den teilweise von der türkischen Religionsbehörde erstellen Freitagspredigten nicht um Politik gehe. Man habe zwar den Putschversuch verurteilt, die politischen Verhältnisse in der Türkei aber nicht weiter aufgegriffen.

Die Zweifel wachsen dennoch. So legt die aus SPD, Grünen und FDP gebildete Regierung von Rheinland-Pfalz ihre Verhandlungen mit islamischen Verbänden zum Religionsunterricht auf Eis. Im schwarz-grünen Hessen behält sich das Bildungsministerium Konsequenzen vor. Und das baden-württembergische Kultusministerium wertet Ditib-Aussagen aus, da der Verband auch im Südwesten Religionsunterricht erteilen möchte.

Auch in Nordrhein-Westfalen, das 2012/13 als erstes Bundesland Islamunterricht als ordentliches Fach einführte, gibt es Kritik. „Die Ditib ist ein Organ der türkischen Religionsbehörde, insofern kann sie gar nicht neutral sein“, so die CDU-Integrationsexpertin Serap Güler. Ein Beirat aus acht Mitgliedern – darunter ein Ditib-Vertreter – ist an der Entwicklung des Lehrplans in NRW beteiligt.

Im niedersächsischen Landtag wiederum stieg die CDU-Fraktion letzte Woche aus den Gesprächen um einen Staatsvertrag mit der Ditib aus, da diese von der türkischen Regierung beeinflusst und gesteuert werde, so die Begründung. In dem Vertrag sollen die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Religionsgemeinschaft und des Bundeslandes festgelegt werden. Dabei geht es unter anderem auch um Regelungen zum islamischen Religionsunterricht. Es wird wohl noch dauern, bis alle zufrieden sind.