Ein Großmeister des blendenden Auftritts

2.3.2011, 07:58 Uhr
Ein Großmeister des blendenden Auftritts

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Jemandem, der einem 850 Jahre alten Adelsgeschlecht entstammt, dessen Großvater Staatssekretär unter Adenauer war und dessen Vater Enoch ein gefeierter Dirigent ist, schien keine selbst erarbeitete Vita nötig zu haben. Zudem die attraktive Ehefrau, die als Ururenkelin von Reichskanzler Otto von Bismarck dem Gatten zu noch größerem aristokratischen Glanz verhalf.

Der Jungstar hatte blendende Manieren. Und er konnte reden. Nach so einer Figur hatte sich die am Egomanen Stoiber verzweifelte CSU gesehnt. Die Medien auch. Dieser Senkrechtstarter war eine interessante Geschichte.

Als 30-Jähriger wird Guttenberg 2002 in den Bundestag gewählt. Der CSU gehört er da gerade mal drei Jahre an. Im Parlament kümmert er sich um das in der Partei lange vernachlässigte Feld der Außenpolitik. Seinen ersten Coup landet Guttenberg im Dezember 2007. Spontan kandidiert er für den Vorsitz des CSU-Bezirks Oberfranken und schlägt mit einer fulminanten Rede den Favoriten Hartmut Koschyk aus dem Feld.

Ein Dreivierteljahr später macht Horst Seehofer Guttenberg zum CSU-Generalsekretär. Noch bevor er sich wirklich bewähren kann, folgt nach 100 Tagen schon der nächste Karrieresprung. Für den glücklosen Bundeswirtschaftsminister Michael Glos wird ein Nachfolger gesucht. Guttenberg muss ran. Im Fall Opel hat er seinen ersten großen Auftritt. Er ist gegen Staatshilfen, favorisiert eine Insolvenz des angeschlagenen Autobauers, droht mit Rücktritt. Am Ende setzen sich die Kollegen durch – der gern auf seine Unabhängigkeit vom politischen Geschäft verweisende Guttenberg bleibt trotzdem im Amt. Kurz darauf ist er erstmals der beliebteste Politiker der Deutschen.

Mit Bauernopfern gerettet

Nach der Wahl im Oktober 2009 wechselt Guttenberg ins Verteidigungsressort. Bei der Kundus-Affäre gerät er kurz darauf bedenklich ins Schlingern. Ihren Job verlieren aber am Ende ein Generalinspekteur und ein Staatssekretär. Guttenberg zeigt, was er unter Vorwärtsverteidigung versteht. Wenn er in Bedrängnis gerät, werden Bauernopfer fällig.

In der Affäre um seine zusammengeklaute Dissertation funktioniert diese Strategie nicht mehr. Plötzlich beschäftigt sich die Öffentlichkeit intensiver mit der Frage, was der junge Mann vor seiner Blitzkarriere als Politiker eigentlich geleistet hat. Und merkt, dass das insgesamt nicht allzu viel war.

Zum juristischen Referendariat und zum zweiten Staatsexamen ist er nie angetreten. Trotzdem will er den Doktortitel. Möglicherweise nur, um dem Vater, der ihn für einen hält, der „auf dem Sonnendeck der Titanic geboren“ wurde, zu beweisen, dass er auch dicke Bretter bohren kann. Er hätte es sein lassen sollen.

Der Politiker, der mit so glaubwürdigem Gestus gern seine Werteverwurzelung betont, offenbart auch an anderer Stelle einen Hang zur Hochstapelei. Biografie-Angaben bläst er gern bis an den Rand der Lüge auf. „Berufliche Stationen in Frankfurt und New York“, „freier Journalist bei der Tageszeitung Die Welt“ führt er in seiner Vita auf. Das klingt mehr als es war – harmlose Praktika.

Viel mit der „Blattgold-Spraydose“ sei da einer unterwegs gewesen, sagt der FAZ-Journalist Eckart Lohse, der mit seinem Kollegen Markus Wehner eine nagelneue Biografie Guttenbergs schrieb. Die Autoren zeichnen das Bild eines Mannes, der sich als „Teil einer Elite“ versteht und in möglichst allen Lebensbereichen glänzen will. „Auch da, wo er es eigentlich nicht konnte.“ Blender statt Lichtgestalt.

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