Erwin Huber: Es darf keinen Bruderkrieg in der Union geben

21.6.2018, 14:28 Uhr
Laut Ex-CSU-Chef Erwin Huber würden sich die beiden Parteien CDU und CSU durch einen Bruch nur gegenseitig schwächen.

© Peter Kneffel/ dpa Laut Ex-CSU-Chef Erwin Huber würden sich die beiden Parteien CDU und CSU durch einen Bruch nur gegenseitig schwächen.

Herr Huber, wie groß ist die Gefahr eines Bruchs der Union wegen des Streits über die Asylpolitik?

Erwin Huber: Ich glaube, dass die jetzige Situation tatsächlich brenzliger ist als frühere Auseinandersetzungen, weil innerhalb der CSU viel Unmut über die CDU und die Kanzlerin da ist und weil die innere Bereitschaft zu einer Trennung aus dem Sachgrund Flüchtlings- und Asylpolitik heute so verbreitet ist wie nie zuvor. Deshalb stehen wir in der Tat vor einer historischen Entscheidung.

Sie haben nach der Wende der damaligen DSU im Osten Aufbauhilfe geleistet. Würden Sie Ihre Erfahrungen in den Aufbau einer außerbayerischen CSU einbringen?

Huber: Meiner Erfahrung nach würde ein Gegeneinander von CDU und CSU beide Parteien schwächen. Gerade für die CSU ist eine bundesweite Ausdehnung hochriskant. Das ist abzulehnen, weil wir dann in eine Konkurrenz zur AfD als Rechtsaußen-Partei kämen. Der Volkspartei-Charakter der CSU würde verlorengehen und unser Einfluss auf die Bundespolitik würde geringer. Denn mit dem Hebel CDU haben wir über 70 Jahre hinweg einen außerordentlich großen Einfluss auf Bundes-, Sicherheits-, Europa- und Außenpolitik nehmen können. Aus meiner Sicht ist die Partnerschaft mit der CDU auch ein Grund für den starken Einfluss der CSU. Ein Bruch würde die CSU schwächen.

Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass der Bruch abgewendet werden kann? Derzeit gibt es ja sogar neuen Zündstoff wegen des Eurozonen-Haushalts.

Huber: Die CSU ist konservativer als die CDU, die zum Teil schon links der Mitte agiert. Wir haben es aber in 70 Jahren immer wieder geschafft, sinnvolle Kompromisse zu schließen. Man sollte Kompromisse nicht von vornherein als "faul" abqualifizieren. Nur in der jetzigen Konstellation mit der CDU und in der Großen Koalition kann die CSU eine wirksame, sinnvolle und beständige Flüchtlings- und Asylpolitik durchsetzen. Im Gegeneinander kann man zwar Stimmung machen, aber Wirkung kann man nur im Miteinander erreichen. Man sollte der Kanzlerin die Chance geben, innerhalb von zwei Wochen zu Abmachungen mit anderen Ländern zu kommen, und nicht neues Störfeuer in die Debatte bringen.

Meinen Sie den Streit um das "Eurozonen-Finanzbudget"? Sollte man den jetzt nicht so hoch hängen?

Huber: Ich meine schon, dass das Thema zentrale Bedeutung hat. Reformen in Europa sind eine ganz wichtige Aufgabe dieser Legislaturperiode. Aber da gilt zunächst, was im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Da steht Europa an allererster Stelle. Die CSU ist eine Europa-Partei. Wir stellen mit Manfred Weber den Fraktionsvorsitzenden im Europa-Parlament. Aus unserer Geschichte heraus und in Verantwortung für die Zukunft müssen wir uns einer Reformpolitik stellen. Es gilt aber auch, dass man dies gemeinsam mit der CDU angehen sollte.

Ist es klug, dass Seehofer immer wieder auf ein "High Noon" hinsteuert?

Huber: Jeder hat seinen eigenen Stil. Es wäre jetzt angebracht, alle 63 Punkte des "Masterplans" zur Flüchtlingspolitik zu veröffentlichen. Als CSU müssen wir auch deutlich machen, dass dies alles nicht durch die bayerische Landtagswahl im Oktober inspiriert ist, sondern dass es uns um eine dauerhafte Lösung zur Begrenzung der Zuwanderung geht.

Rechnen Sie damit, dass zur bayerischen Landtagswahl ein Landesverband Bayern der CDU antritt?

Huber: Nein. Ich bin überzeugt, dass alle Parteivorsitzenden, auch die der CDU, wissen, welche Vorteile im Miteinander von CDU und CSU liegen. Viele wählen außerhalb Bayerns die CDU, weil es die CSU gibt, und umgekehrt. Es darf keinen Bruderkrieg zwischen CDU und CSU geben.

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