Fake-News und Co.: Was tun gegen das Gift der Manipulation?

24.2.2017, 18:15 Uhr
Lebhafte Debatte vor und mit dem Publikum: Franziska Holzschuh, Markus Kaiser, Markus Söder, Johanna Haberer und Michael Husarek sprachen beim Forum der Nürnberger Nachrichten im Auditorium der Technischen Hochschule in Nürnberg mal gut gelaunt, mal sehr ernsthaft über digitale Dreckschleudern und mögliche Gefahren für die Demokratie.

© Michael Matejka Lebhafte Debatte vor und mit dem Publikum: Franziska Holzschuh, Markus Kaiser, Markus Söder, Johanna Haberer und Michael Husarek sprachen beim Forum der Nürnberger Nachrichten im Auditorium der Technischen Hochschule in Nürnberg mal gut gelaunt, mal sehr ernsthaft über digitale Dreckschleudern und mögliche Gefahren für die Demokratie.

Der Begriff "Fake-News" ist relativ neu und eng mit dem zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampf in den USA verbunden. Mit der Wahrheit nahm und nimmt es der Gewinner Donald Trump nicht sehr genau. Die Washington Post dokumentiert aktuell 140 Unwahrheiten oder irreführende Äußerungen allein seit seinem Amtsantritt am 20. Januar. 

Dazu kommen Pressesprecher und Berater des 45. US-Präsidenten, die gezielt verbreitete Falschinformationen schon mal als "alternative Fakten" bezeichnen. Und immer noch hängt die Frage in der Luft, wie sehr sogenannte "Social Bots", also Computerprogramme, die automatisiert Meldungen, Meinungen und sogar virtuelle Debatten in sozialen Netzwerken wie Facebook verbreiten, die Stimmung bei den Wahlen in Amerika beeinflusst haben - und was das für künftige Wahlen auch in Europa und Deutschland bedeuten könnte. 

Moderiert von NN-Chefredakteur Michael Husarek und der Reporterin Franziska Holzschuh diskutierten dazu im vollen Auditorium der Technischen Hochschule der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) mit der Professorin für christliche Publizistik, Johanna Haberer und dem Professor für praktischen Journalismus, Markus Kaiser. 

Das tatsächliche Gefahrenpotenzial von gezielt gestreuten Falschmeldungen im Internet und aktivierten Propaganda-Robotern sei für die Bundestagswahl noch nicht abzusehen, meint Söder. Mit Blick auf den Zustand der Gesellschaft in den Vereinigten Staaten von Amerika sei Deutschland aber auch kein derart gespaltenes Land, könnten derartige Kampagnen deshalb auch nicht so sehr verfangen. 

Zensur darf es nicht geben

Einzelne Politiker könnten wohl durchaus Schaden durch Lügen und Propaganda im Internet nehmen. "Dass dadurch Wahlergebnisse beeinflusst werden, glaube ich nicht", so Söder. Zudem hätten sich mit Ausnahme der AfD alle Parteien darauf verständigt, im kommenden Wahlkampf keine Computerprogramme zur Verbreitung von Propaganda einzusetzen. Hinsichtlich der tatsächlichen Möglichkeiten zur Eindämmung von Lügen im Netz, die der Stimmungsmache dienen oder Einzelpersonen diskreditieren, blieb der Finanzminister des Freistaats jedoch skeptisch. Auf keinen Fall dürfe das Pendel in die andere Richtung ausschlagen und eine Zensur stattfinden. Grundsätzlich sei die durch das Internet verstärkte politische Teilhabe zudem eine begrüßenswerte Tatsache, "auch wenn es mitunter anstrengend ist".

Johanna Haberer sieht in der US-Wahl in jedem Fall einen "Weckruf" für die Politik wie auch für die Zivilgesellschaft insgesamt. Auch in ihren Augen ist Deutschland noch nicht mit Amerika vergleichbar, wo jetzt ein Präsident "nachts im Fernsehsessel sitzt und wild drauflos twittert". Doch der Blick auf die Verwirrung und mögliche Beeinflussung, die künftig hunderttausendfach geteilte Falschmeldungen und der Einsatz von Propaganda-Algorithmen auch bei uns anrichten könnten, seien eine Gefahr "für unsere Entscheidungsgrundlagen" und damit "das Gemeinwesen".

Kämen Informationen und Institutionen wie die etablierten Medien insgesamt in den Ruf, jederzeit relativierbar zu sein, sei auch die Selbstaufklärung des Publikums nicht mehr möglich, so Haberer. Diese Einsicht reift ihrer Meinung nach auch langsam bei den großen Plattformen wie Facebook oder Twitter, die als Erste in der Pflicht stünden, gegen Falschmeldungen und künstliche Verstärker wie "Social Bots" vorzugehen und diese herauszufiltern. 

Schleichende Manipulation

Markus Kaiser glaubt jedoch nicht, dass die Konzerne tatsächlich in der Lage sind, nachhaltig gegen das "Meinungsdoping" vorzugehen. Die Computerprogramme, die Twitter- und Facebook-Konten steuern und dafür sorgen, dass die von ihnen künstlich erzeugten Nachrichten hunderttausend- oder auch millionenfach geteilt, scheinbar diskutiert und damit rasant schnell weiterverbreitet werden, seien kaum zu fassen. Gleichzeitig sei es aber innerhalb der Medien- und Kommunikationswissenschaft generell noch umstritten, wie stark das Gift der Manipulation über das Internet überhaupt ist oder werden kann. 

Wie alle anderen Diskussionsteilnehmer wies Kaiser in diesem Zusammenhang auf die wichtige Funktion von tradierten Medien hin. Vor allem Zeitungen müssten mit allen Mitteln versuchen, ihre Glaubwürdigkeit zu erhalten und sich als Gegenstück zu ungeprüften Informationen um die Deutungshoheit auf allen Kanälen bemühen, sei es auf Papier, mit dem eigenen Online-Auftritt, in sozialen Netzwerken oder auf YouTube

Für Johanna Haberer erfüllt in den unruhiger gewordenen Zeiten und im Kampf gegen Meinungsmanipulation gerade die Zeitung einen Gemeinwohlauftrag. Damit müsse aber innerhalb der Gesellschaft auch Konsens darüber bestehen, dass seriöse Informationen Geld kosten. "Da muss sich der Bürger an die eigene Nase fassen." Finanzminister Söder rief dazu auf, sich verstärkt politisch zu engagieren und einzubringen, "auch analog". 

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