Flüchtlingslager in Idomeni: Räumung geht weiter

25.5.2016, 09:00 Uhr
Die Räumung des Flüchtlingslager Idomeni geht weiter und verläuft bisher reibungslos.

© dpa Die Räumung des Flüchtlingslager Idomeni geht weiter und verläuft bisher reibungslos.

Am Dienstag haben rund 2000 Menschen das wilde Lager an der Grenze zu Mazedonien verlassen. Sie wurden mit Bussen in Auffanglager gebracht. Widerstand gab es bei der Aktion, die bis in die Nacht andauerte, nicht. Die Evakuierung des Camps, in dem sich zuletzt noch bis zu 9000 Menschen aufhielten, soll mehrere Tage dauern. Die Evakuierung lief auch Medienberichten zufolge ruhig und ohne Gewaltanwendung an. Die Migranten, die seit Monaten unter für Menschen unwürdigen Zuständen vor dem mazedonischen Grenzzaun ausharren und auch eine wichtige Bahnlinie sperren, sollen in organisierte Auffanglager gebracht werden.

Das griechische Staatsfernsehen (ERT) zeigte am Dienstagmorgen erste Videoaufnahmen aus dem Lager. Migranten und Flüchtlinge sammelten ihr Hab und Gut und stiegen in Busse ein, um in offizielle Lager gefahren zu werden. Ein ruhiges Bild ergab sich auch aus Fernsehaufnahmen, die von der mazedonischen Seite der Grenze aus gedreht wurden. Polizisten sprachen mit Migranten, Busse standen bereit. Die Sondereinheiten der griechischen Bereitschaftspolizei waren auf diesen Bildern nicht zu sehen. Erste Busse verließen Idomeni noch am Morgen. Reporter zählten zunächst neun Busse. Die Migranten winkten ihnen aus den Bussen zu.

Beim ersten Tageslicht war ein Hubschrauber der Polizei aufgestiegen. Er solle Bilder direkt in die Einsatzzentrale schicken, hieß es aus Polizeikreisen. "Wir dürfen nicht ins Lager. Ich sehe mehrere Busse der Bereitschaftspolizei, die in die Richtung des Lagers fahren", sagte ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur vor Ort.

Rund 1400 Polizisten im Einsatz

Die Polizei veröffentlichte am Dienstagnachmittag Videoaufnahmen, die von ihrem Hubschrauber aus gedreht worden waren. Deutlich zu sehen waren Migranten, die koordiniert und ohne Gewaltanwendung in Busse stiegen und das Lager verließen. Augenzeugen berichteten, Zelte und Plastikplanen sowie Müll seien mit einem Bagger beseitigt worden. Reporter zählten bis zum Nachmittag mindestens 25 Busse, die das Lager verließen und ins Landesinnere fuhren. Nach Angaben der Polizei fuhren bis zum Nachmittag 1529 Menschen aus Idomeni ab.

Die Aktion wurde bis Einbruch der Dunkelheit fortgesetzt und ist am Mittwoch bei Tagesanbruch fortgesetz worden, wie die griechische Polizei mitteilte. Am Dienstag waren insgesamt 2031 der rund 9000 Flüchtlinge und Migranten in staatliche Auffanglager weggebracht worden. Die Aktion verlaufe problemlos, sagte ein Polizist Reportern vor Ort.

Presse muss vor Lager warten

Die Presse muss weiterhin in einer Entfernung von etwa sechs Kilometern vom Lager warten. Nur das staatliche Fernsehen (ERT) sendet einige Bilder von der Evakuierungsaktion. Vertreter humanitärer Organisationen dürfen die Räumung im provisorischen Lager beobachten. Auch ihre Mitarbeiter berichteten, alles verlaufe bislang ohne Probleme und ohne Gewaltanwendung.

"Alles wie am Schnürchen. Die Menschen kommen jetzt in bessere Lager", sagte der Sprecher des Stabes für die Flüchtlingskrise, Giorgos Kyritsis, im griechischen Rundfunk. Diese sind überwiegend in der Region der Hafenstadt Thessaloniki. An der Aktion nehmen nach Berichten griechischer Medien rund 1400 Polizisten teil. Polizeibeamte in Zivil kontrollierten jeden, der nach Idomeni fahren wollte. Sie ließen nur Einwohner der Region durch. Die Behörden begleiten mehrere Übersetzer, die den Menschen in der eigenen Sprache erklärten, sie müssen geordnet in Busse steigen, um anschließend in die Auffanglager im Landesinneren zu fahren, berichtete das Staatsradio unter Berufung auf die Polizei. 

Zustände in anderen Lagern seien noch schlechter

Am Montag hatten Augenzeugen dutzende Migranten beobachtet, die das Lager von Idomeni verließen, um sich offenbar in der Region zu verstecken. Aktivisten hatten sie über die bevorstehende Räumungsaktion informiert. Andere Migranten, in ihrer Mehrheit Familien, fuhren freiwillig in andere Lager. Die Hilfsorganisation medico international beklagte, die Zustände in anderen Lagern seien teilweise noch schlechter als in Idomeni. Die versprochenen Zugänge zum Asylverfahren und Familiennachführung scheiterten zumeist an der mangelhaften Ausstattung, die auch eine Folge der EU-Sparpolitik sei. Auch die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke bezeichnete es als "armselig", dass die Flüchtlinge in andere Lager gebracht würden, wo noch schlimmere Zustände herrschten. "Deutschland und andere EU-Mitgliedstaaten hätten diese Flüchtlinge aufnehmen müssen."

In Idomeni hatte sich nach der schrittweisen Schließung der Balkanroute im Februar und dem Bau eines Zauns seitens Mazedoniens ein wildes Lager gebildet. Bis zu 15.000 Menschen harrten im März in der Region aus. Sie hofften, dass die Balkanroute wieder aufgemacht wird, damit sie nach Mittel- und Nordeuropa weiterreisen können.Medien berichteten von Drogenhandel und Prostitution in dem - wie sie es nannten - "Ghetto" von Idomeni.

Zudem sperren radikalisierte Migranten die wichtige Eisenbahnverbindung Griechenlands nach Norden. Mehr als 300 Güterwaggons sind auf beiden Seiten der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien steckengeblieben. Die Importeure und Exporteure beklagen Verluste in Millionenhöhe. 

Dieser Artikel wurde am Mittwoch, den 25.05, gegen 9.00 Uhr aktualisiert.

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