Christiane Meyer aus Ebermannstadt

Fränkische Bürgermeisterin muss gegen Anfeindungen kämpfen

29.3.2018, 19:24 Uhr
In unserem Interview verrät die Bürgermeisterin von Ebermannstadt wie schwer es Frauen in der Politik haben können.

© Roland Huber In unserem Interview verrät die Bürgermeisterin von Ebermannstadt wie schwer es Frauen in der Politik haben können.

Frau Meyer, spielt es in der Politik überhaupt eine Rolle, ob man Frau oder Mann ist?

Christiane Meyer: Das tut es auf jeden Fall – und zwar eine größere Rolle als ich erwartet habe.

Inwiefern?

Meyer: Ich bin die erste Bürgermeisterin in unserer Stadtgeschichte. Von 20 Stadträten sind nur zwei Frauen. Es ist etwas Besonderes, wenn eine Frau eine Führungsposition übernimmt. Das war mir beim Antritt nicht bewusst und ich habe es lange geleugnet. Männer fühlen sich durch eine Frau in der Politik schneller persönlich kritisiert. Ich muss mehr darauf achten, wie weit ich in einer Diskussion gehe. Sobald es emotional wird, wird es für eine Frau schwierig in der Politik.

Wo haben es Frauen leichter?

Meyer: Ich habe nicht damit gerechnet, dass so viele Menschen mit persönlichen Problemen und Nöten zu mir kommen. Sie vertrauen mir als Frau mehr an. Die Hemmschwelle ist niedriger, sich an eine Bürgermeisterin zu wenden als an einen Bürgermeister– vor allem bei Themen wie Familie und Beruf.

Damit werden sie aber auf die typischen "Frauenthemen" beschränkt ...

Meyer: Da bin ich Realistin. Frauen haben andere Probleme als Männer. Man redet die Gegenwart schön, wenn man sagt, es gibt keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern.

Warum haben Sie dann so wenig Mitstreiterinnen?

Meyer: Frauen sind mit sich selber viel kritischer. Ich höre immer: "Ich kenne mich doch gar nicht gut genug aus." Ich glaube, dass sich diese Frage – mit Verlaub – Männer nicht unbedingt stellen. Die trauen sich da mehr zu. Dazu kommt, dass Frauen in Vereinen, der Öffentlichkeit, nicht so präsent sind, etwa, weil sie sich um die Kinder kümmern. Und sind wir mal ehrlich: Wie viel hat sich da in letzter Zeit getan? Gibt es jetzt mehr Bürgermeisterinnen, mehr Landrätinnen? Nein. Es wirkt immer nur so, als ob das plötzlich viel mehr Frauen sind. Was ist denn da los in Bayern?

Braucht die Politik mehr Frauen?

Meyer: Frauen kommen erst dann in die Positionen, wenn die Situationen in den Kommunen schwierig sind. Das erlebe ich in Ebermannstadt selbst und höre es im Gespräch mit Kolleginnen oft. Man braucht uns auch, um mit alten Rollenbildern aufzuräumen. Wie oft kam im Wahlkampf: "Eine Frau wird nie Bürgermeisterin von Ebermannstadt."

Was sagen Sie Frauen, die in der Politik nach oben wollen?

Meyer: Ich wünsche mir, dass Frauen mit mehr Selbstbewusstsein an die Sache herangehen. Sie müssen weg vom Perfektionismus, der uns leider anerzogen ist. Man muss auch das Selbstbewusstsein haben, Fehler zu machen. Bei vielen Problemen, etwa beim gleichen Lohn, wird noch so viel beschönigt. Wir brauchen die Intelligenz der Bürger – und die schlummert gerade auch in Frauenköpfen.

Die neue Digitalministerin, Dorothee Bär, sagt: "Die Quote ist eine Krücke, aber sie ist notwendig." Stimmt das?

Meyer: Sehe ich genauso. Ich bin niemand der sich kleinlaut in die Ecke stellt und sagt "Oh Gott! Frauenquote!" Wenn man Männern eine Quote anbieten würde, würden sie doch gar nicht lange fackeln. Da ist wieder das alte Problem: Frauen durchdenken das dann und sagen, dass könnte doch nicht fair sein – ja, warum denn nicht? Und wenn es läuft, kann man die Quote wieder abschaffen, gar keine Frage.

Am Dienstag wurde ein Bild von Horst Seehofers neuem Team im Innenministerium zum Aufreger: Ältere Männer – weit und breit keine Frau. Was empfinden Sie, wenn sie solche Bilder sehen?

Meyer: Wo bleiben sie denn, unsere Jungen? Erobert euch endlich die Politik! Diese Herrschaften auf dem Bild werden von alleine nicht die Macht teilen, da muss man schon etwas dafür tun. Wir brauchen eben auch weibliche Alphatiere.

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