Fränkische Kinder atmen mehr Stickstoff-Schadstoffe ein

31.8.2018, 06:00 Uhr
Fränkische Kinder atmen mehr Stickstoff-Schadstoffe ein

© Alexander Rüsche dpa/lnw

Die Deutsche Umwelthilfe ist so etwas wie der Schrecken der Städte, Gemeinden und der Autoindustrie. Sie sitzt Vertretern aus den Rathäusern im Nacken, etwas gegen die zu hohen NO2-Werte jenseits der zulässigen 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittelwert zu unternehmen. Der Wert gilt seit 2010. In dutzenden Kommunen wird dieser Wert jedoch überschritten. Seit Jahren.

Als Hauptursache gilt nach Angaben des Umweltbundesamts (Uba) der Dieselverkehr. Zwei Drittel davon gehen zu Lasten von Pkw. NO2 kann vor allem bei Kindern, Schwangeren, älteren Menschen sowie Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen Gesundheitsschäden auslösen. 

Mit Gerichtsverfahren (derzeit gegen 28 Städte) und Kampagnen treibt die DUH Politiker und Hersteller vor sich her. Würde die Organisation nicht ständig anecken, das Thema Diesel und Luftbelastung in Kommunen drohte genauso in Vergessenheit zu geraten wie die Mitverantwortung der Autoindustrie für die Grenzwertüberschreitungen.

Mit Röhrchen am Straßenrand

Im April hatte die Umwelthilfe – nach 2017 – erneut Bürger aufgerufen, Stellen in ihren Städten zu melden, an denen sie eine zu hohe Belastung vermuten. Aus 1800 Zuschriften wurden 460 Messstellen in 233 Städten und Gemeinden ausgewählt. "Vom 1. Juni bis 1. Juli haben wir auch mit Hilfe von Bürgern die Konzentration von NO2 mit Passivsammlern gemessen", erläutert die DUH. Das sind Röhrchen, in denen eine chemische Substanz das Stickstoffdioxid bindet. Ausgewertet wurden die Proben im Analyselabor der Schweizer Passam AG. Die Messmethode sei erprobt, so die DUH, sie komme auch in Messungen von Behörden zum Einsatz.

In 75 Kommunen, in denen offiziell von Bundes- oder Landesbehörden gemessen wird wie in Nürnberg, gibt es laut DUH Überschreitungen der Grenzwerte. In München oder Stuttgart – den Spitzenreitern – lagen die Werte 2017 nach einer Übersicht des Umweltbundesamts bei 78 beziehungsweise 73 Mikrogramm, in Nürnberg bei 43.

 

Die Umwelthilfe listet in einer Übersicht zahlreiche unterschiedliche Messungen in 115 Städten und Gemeinden auf. Darin werden allein für Nürnberg seit vergangenem Jahr bis Juni 2018 insgesamt 19 Werte aufgeführt, gemessen neben dem Uba und der DUH auch vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Sie reichen von 53,5 Mikrogramm in der Dürrenhofstraße bis zu 26,5 Mikrogramm in der Regensburger Straße (beide Werte aus dem Juni 2018). Fürth taucht in der Liste fünfmal auf, Herzogenaurach und Pegnitz jeweils einmal. 

Erlangen und Fürth ausdrücklich genannt

"Wir haben in Deutschland ein flächendeckendes Problem mit dem Dieselabgasgift Stickstoffdioxid in unserer Atemluft", meint Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. Die Juni-Messungen hätten die Anzahl der Städte mit Grenzwertüberschreitungen auf 115 anwachsen lassen, betont er. Mit anderen Worten: 41 bisher nicht amtlich untersuchte Städte und Gemeinden sind hinzugekommen. Genannt werden ausdrücklich auch Erlangen (40,6 Mikrogramm) und Fürth (50,7). 

Doch die Bundesregierung, so Resch, wolle nur den Städten helfen, die eine amtliche Grenzwertüberschreitung ausweisen. "Sie muss ihre Hilfe auf alle Städte und Gemeinden ausdehnen, die unter gesundheitlich bedenklichen NO2-Werten leiden, und nicht nur die wenigen Dutzend Städte mit amtlichen Messpunkten finanziell unterstützen."

Reschs Organisation ist in ausgewählten Städten – darunter München, Berlin und Stuttgart – noch einen Schritt weiter gegangen. Sie hat dort nicht nur in zwei Meter Höhe den NO2-Wert gemessen, sondern auch in "Kinderhöhe" (ein Meter). Die Messpunkte lagen unter anderem vor Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten. Herausgekommen sind deutliche Unterschiede, je nach Höhe.

Werte unten noch höher

Nicht selten lagen die Werte in Höhe der Kinder zum Teil deutlich drüber. Oben konnten die Grenzwerte eingehalten werden, unten teilweise aber nicht. Auf der Holstenstraße in Hamburg etwa, laut DUH einer Ausweichstrecke der Straßenabschnitte mit den neuen Diesel-Durchfahrtsverboten, seien die Grenzwerte in zwei Meter Höhe eingehalten worden (rund 37 Mikrogramm), in ein Meter Höhe aber lagen sie bei 48,5 Mikrogramm.

Maria Krautzberger, Chefin des Umweltbundesamts, hat bereits Anfang des Jahres gefordert, dass Diesel-Fahrzeuge mit Katalysatoren nachgerüstet werden müssen, sollen die Werte deutlich sinken. Geht es nach Jürgen Resch, muss der EU-weite Grenzwert schnellstmöglich sogar auf 20 Mikrogramm gesenkt werden.

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