"Frei und sicher": Herrmann verteidigt Polizeiaufgabengesetz

13.4.2018, 05:17 Uhr
Joachim Herrmann hat zu kämpfen - das Polizeiaufgabengesetz, kurz PAG, spaltet Bayern.

© dpa Joachim Herrmann hat zu kämpfen - das Polizeiaufgabengesetz, kurz PAG, spaltet Bayern.

Während die Grünen den Entwurf in Bausch und Bogen verdammen, lehnen SPD und Freie Wähler zwar nicht jeden Punkt ab, wollen dem Gesetz aber insgesamt nicht zustimmen. CSU und Innenministerium dagegen verteidigen den Entwurf.

Sie führen vor allem drei Argumente dafür an: Bis Mai muss auch Bayern die neue Datenschutzrichtlinie der EU umsetzen; sie stärkt die Rechte der Bürger. 2016 hat das Bundesverfassungsgericht zudem den Begriff der drohenden Gefahr eingeführt und den der konkreten Gefahr eingeschränkt. Beides bildet die Grundlage für die Arbeit der Polizei. Entsprechend müssen die Gesetze angepasst werden. Innenminister Joachim Herrmann sagt, er habe "die Gelegenheit genutzt und für die Polizeiarbeit weitere gute Dinge hineingenommen."

Die haben es nach Ansicht der Reformgegner in sich. Er kenne kein anderes Bundesland, in dem die Polizei so viele Befugnisse bekomme wie in Bayern, sagt etwa der SPD-Landtagsabgeordnete Franz Schindler, zumal Bayern die Kompetenzen der Verfassungsschützer erst vor einem Jahr ebenfalls erweitert hat. "Wenn die Polizei so umfassend verdeckt operieren darf, verschiebt das die Sicherheitsarchitektur." Schindler sieht damit "das Wesensmerkmal des klassischen Polizeirechts in einem liberalen Staat in Gefahr".

Verdeckt heißt: Die Fahnder können Telefone abhören, künftig Daten auch aus Onlinespeichern, sogenannten Clouds, auslesen, in bestimmten Fällen die Post abfangen, unter Umständen Internetseiten manipulieren, verdeckte Ermittler einsetzen, Drohnen benutzen und Ähnliches mehr. Vieles, aber nicht alles davon können sie schon jetzt. Neu ist insbesondere, dass sie dafür keine konkrete Gefahr mehr nachweisen müssen, sondern dass die drohende Gefahr reicht.


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Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer hält das für gerechtfertigt. Er verweist zum einen auf das Urteil der Verfassungsrichter und zum anderen darauf, dass auch bei einer drohenden Gefahr in der Mehrheit der Fälle ein Richter entscheiden und die Polizei Fakten vorlegen müsse, die ihre Maßnahmen rechtfertigten und untermauerten. "Damit könnten wir leben", kontert Eva Gottstein von den Freien Wählern, "wenn es sich konkret auf die Terrorabwehr beschränkte. Es dehnt sich aber auf das Alltagsgeschäft aus."

Bürger nicht unter Generalverdacht

Dem halten Herrmann und Schmidbauer entgegen, dass die Polizei auf den technischen Fortschritt reagieren müsse. Mobiltelefone und Computer speichern heute ihre Daten zunehmend in der Cloud; auf sie aber darf die Polizei nach der geltenden Rechtslage nicht zugreifen. Es gehe nicht darum, argumentieren beide, dass die Polizei "den Bürger unter Generalverdacht" stelle. Im Gegenteil. "Wir wollen, dass sie frei und sicher sind."

Doch wo fängt die Freiheit an und wo schränkt der Staat sie unzulässig ein? Für die Grünen-Politikerin Katharina Schulze ist etwa nicht hinnehmbar, dass Polizeibeamte ihre sogenannten Bodycams permanent laufen lassen sollen, auch in Wohnungen. Das, sagt Schulze sei "der missing link zum Überwachungsstaat". Tatsächlich sollen die Befugnisse der Polizei weiter gehen, soll sie etwa mit Computerprogrammen "bei einer tatsächlichen Gefahrenlage" mit eigenen oder fremden Überwachungskameras (so deren Besitzer zustimmen) nach verdächtigen Gegenständen oder nach Tatverdächtigen suchen dürfen.

"Nicht der Untergang des Abendlandes" 

Technisch ist das längst möglich. Doch solange es nicht im Polizeiaufgabengesetz geregelt ist, kann die Polizei es nicht nutzen. Das gilt auch für die Analyse der DNA. Mittlerweile können die Fachleute daraus neben dem Geschlecht einigermaßen zuverlässig Haut-, Augen- und Haarfarbe ablesen sowie die biogeografische Herkunft – Daten, die für die Fahndung wichtig seien, sagt Herrmann. Wobei es nicht um den genetischen Fingerabdruck gehe. Den erhebe die Polizei auch weiterhin nicht.

Das sei folglich "nicht der Untergang des Abendlandes", finden die CSU-Politiker. Das sei es schon, sagt die Opposition. Die CSU verlagere die Arbeit der Polizei von der klassischen Ermittlung ins Vorfeld bis in den präventiven Bereich und dehne die Befugnisse der Polizei unnötig aus und erweitere sie bedrohlich. Die Kritiker des Entwurf sehen sich auch dadurch bestärkt, dass bayernweit Tausende gegen das Gesetz demonstrieren – "gegen die CSU, nicht gegen die Polizei", wie die Grünen-Politikerin Schulze sagt. Fast 60 Prozent der Bayern, haben die Grünen abfragen lassen, lehnen das Vorhaben ab. Die Opposition sieht sich deshalb auf der richtigen Seite. Die CSU wird das Gesetz mit ihrer absoluten Mehrheit trotzdem beschließen.

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