Für Beate Zschäpe kam nur lebenslang in Frage

11.7.2018, 11:27 Uhr
Demonstranten halten bei einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht Schilder mit Abbildung der NSU-Opfer.

© Tobias Hase/dpa Demonstranten halten bei einer Kundgebung vor dem Oberlandesgericht Schilder mit Abbildung der NSU-Opfer.

Es ist die Höchststrafe, die Beate Zschäpe erhalten hat: Lebenslang und besondere Schwere der Schuld. Das bedeutet, dass die heute 43-Jährige wohl erst in einem Alter wieder in Freiheit kommen wird, wenn andere in den Ruhestand gehen.

Der Prozess in München hat sichtbar gemacht, welches Leid der NSU über zehn Familien gebracht hat, deren Trauer um die Mordopfer bis heute nicht abgeklungen ist. Vermutlich wird das auch niemals der Fall sein. Es war eine Serie von Verbrechen, wie es sie in diesem Land so noch nie gegeben hat. Deshalb ist die Höchststrafe eine logische Konsequenz: Wann, wenn nicht in diesem Fall, soll sie verhängt werden? Zschäpe kann froh sein, dass ihr wenigstens die Sicherungsverwahrung erspart bleibt und sie damit überhaupt eine Chance auf Entlassung aus der Haft hat.


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Zschäpes Reaktion auf die Vorwürfe der Anklage war nicht glaubhaft: Dass jemand über viele Jahre mit zwei Männern zusammenlebt, die mordend und raubend durchs Land ziehen, aber davon allenfalls nach den Verbrechen  etwas mitbekommt - das widerspricht jeder Lebenserfahrung und auch zahlreichen Indizien. Zschäpes Verteidigungsstrategie, die ja mehrfach wechselte, ist damit nicht aufgegangen.

Das Urteil ist auch ein wichtiges gesellschaftliches Signal: Dieses Land toleriert keine blutige Gewalt gegen seine Mitbürger, aus welchen Motiven auch immer. Der Rechtsstaat ist am Ende doch in der Lage, sich gegen solche Täter zu wehren. Auch, wenn es im Fall des NSU-Trios wegen eines eklatanten Versagens von Polizei und Verfassungsschutz lange, viel zu lange gedauert hat.

Das Urteil darf allerdings kein Schlussstrich sein, weil es verschiedene Hoffnungen nicht erfüllt hat und auch nicht erfüllen konnte. Es ging um die Schuld Zschäpes und ihrer Mitangeklagten, nicht um die Fehler von Behörden. Hier sind leider noch etliche Fragen offen, die dringend beantworten werden müssen - zum Beispiel über die Rolle des Verfassungsschutzes. Es wäre deshalb nur vernünftig, die Vernichtung aller Akten zum NSU-Komplex zu untersagen, wie dies Anwälte der Nebenkläger angeregt haben. Schließlich hätten wohl Menschenleben gerettet werden können, wenn die Ermittler besser gearbeitet hätten.

Durch ihr weitgehendes Schweigen hat Beate Zschäpe auch die Hoffnung der Opfer-Angehörigen enttäuscht, mehr über die näheren Umstände der Taten zu erfahren und damit über die Gründe, warum ihre Angehörigen sterben mussten. Hier hat Zschäpe die Chance vertan, gleichsam tätige Reue zu leisten und den Familien bei der Bewältigung zu helfen. Das allerdings kann sie auch in Strafhaft noch nachholen. Es wäre ein wichtiges Zeichen, dass ihre Distanzierung von der rechtsextremen Szene glaubwürdig ist.

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