Golan-Höhen: Jenseits der Grenze tobt der Krieg in Syrien

30.4.2016, 08:01 Uhr
Golan-Höhen: Jenseits der Grenze tobt der Krieg in Syrien

© Georg Escher

Shokrey Kassis kann sich noch gut an den Tag erinnern, als zum ersten Mal plötzlich syrische Rebellenkämpfer in sein Krankenhaus eingeliefert wurden – es war der 16. Februar 2013. "Niemand hat das erwartet, das war eine völlige Überraschung für alle hier", sagt der Arzt, der als Chef der Abteilung Plastische Chirurgie am Ziv Medical Center in der nordisraelischen Stadt Safed arbeitet. "Es war, als ob ein Ferrari hier ist."

Das Ziv-Hospital hat inzwischen eine gewisse Berühmtheit erlangt, obwohl es mit nur 331 Betten eher klein ist. In den sozialen Netzwerken wimmelt es nur so von Berichten darüber, dass nicht nur die Türkei, die Saudis und Katar gemeinsame Sache mit den Dschihadisten vom Islamischen Staat (IS) machen, sondern auch Israel. Die Kämpfer würden in Israel behandelt, lautet der Vorwurf, und dann unbehelligt wieder zurück in den Krieg nach Syrien geschickt.



Dr. Kassis macht in der Tat keinen Hehl daraus, dass Rebellen in seinem Krankenhaus behandelt würden. Die israelische Armee greift die Verwundeten an der Grenze auf – wie genau, darüber will niemand reden –, und eine Stunde später kommen sie im Ziv an; es ist das nächste Krankenhaus zur 50 Kilometer entfernten syrischen Grenze auf dem Golan.
620 Syrer seien inzwischen hier behandelt worden, sagt der Mediziner. 90 Prozent Männer, die meisten jung, zehn Prozent waren Frauen. Aber es waren auch 17 zum Teil schwerverletzte oder -kranke Kinder unter den Syrern. "Wir fragen nicht, ob sie Kämpfer sind", sagt Kassis über die Verletzten.

50 Kilometer weiter östlich kann man von einer Plattform auf dem Mount Bental aus direkt auf das Schlachtfeld auf der syrischen Seite blicken. Nach Norden blickt man auf den schneebedeckten Berg Hermon, auf dessen Rückseite der Libanon beginnt. Nach Osten geht der Blick hinab ins "Tal der Tränen", das 1973 Schauplatz einer der größten Panzerschlachten im Yom-Kippur-Krieg war. Die Israelis waren mit ihren nur 160 Panzern der syrischen Streitmacht mit ihren 1500 Fahrzeugen zahlenmäßig weit unterlegen – und trotzdem trugen sie den Sieg davon. Seitdem hält Israel die Golanhöhe besetzt.

Golan-Höhen: Jenseits der Grenze tobt der Krieg in Syrien

© Georg Escher

Für viele Israelis ist das heute ein Ausflugsort. Doch so gelöst die Stimmung hier oben ist, aus den nur wenige Kilometer entfernten Orten im Tal dringen das Rattern von Maschinengewehren oder Einschläge von Granaten nach oben. Manchmal steigen Rauchsäulen auf. Hier kämpfen, direkt an der syrisch-israelischen Grenzlinie, Truppen des Assad-Regimes, lokale Rebellengruppen und Dschihadisten erbittert um jeden Meter, um jedes Haus.

Da klingt es fast merkwürdig, wenn Major Efi Ribner, der Liaison-Offizier der israelischen Armee auf dem Golan, sagt: "Seit 40 Jahren ist das unsere ruhigste Grenze." In der israelischen Armee (IDF) heißt es, wenn man zum Berg Bental versetzt wird, "man kommt hierher zum Ausruhen".

Von oben ist zu sehen, dass auf der israelisch kontrollierten Seite bis auf den letzten Meter vor der Grenze intensive Landwirtschaft betrieben wird. Weinstöcke, Apfel- und Mandelbäume gedeihen hier bestens. Jenseits der Demarkationslinie sind in einigen der syrischen Ortschaften viele Häuser massiv zerstört.
 

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