GroKo: Geheimtreffen von Merkel, Schulz und Seehofer

13.12.2017, 17:55 Uhr
Gibt es eine Annäherung? Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit Martin Schulz.

© Michael Kappeler/dpa Gibt es eine Annäherung? Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit Martin Schulz.

80 Tage nach der Bundestagswahl ringen die Spitzen von Union und SPD in angespannter Stimmung um eine neue Regierung. Nachdem CSU-Chef Horst Seehofer SPD-Überlegungen zu einer Koalition mit nur teilweiser Kooperation als Vorschlag "aus der Krabbelgruppe" bezeichnet hatte, sagte SPD-Vize Natascha Kohnen: "Der politische Umgang von Horst Seehofer lässt schon zu wünschen übrig." Dem Radiosender Bayern 2 sagte die bayerische SPD-Chefin am Mittwoch, Union und SPD sollten sachlich in die Gespräche gehen "und nicht schon beginnen, das Gegenüber zu beschimpfen".

Dreieinhalb Wochen nach dem Aus der Jamaika-Verhandlungen wollten die angeschlagenen Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD, Kanzlerin Angela Merkel, Seehofer und Martin Schulz am Abend in Berlin in einem Geheimtreffen ausloten, ob es überhaupt Chancen für eine gemeinsame Regierung gibt. Es wurde erwartet, dass sie bei dem Gespräch zusammen mit SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles, dem Vorsitzenden der Unionsfraktion, Volker Kauder, und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zunächst über das weitere Vorgehen beraten. Ob es bereits erste inhaltliche Absprachen geben würde, blieb zunächst offen.

Teilnehmer vereinbarten Stillschweigen

Nach dem Treffen sollte es - anders als bei den Jamaika-Gesprächen von Union, FDP und Grünen - auch keine Statements geben. Die Teilnehmer vereinbarten Stillschweigen. Merkel, Schulz und Seehofer dürften ihre Parteigremien jedoch am Donnerstagvormittag über den Inhalt der Verhandlungsrunde informieren. Der SPD-Vorstand will an diesem Freitag über die Aufnahme von Sondierungen mit CDU und CSU entscheiden. Es wird allerdings nicht erwartet, dass es bereits eine Festlegung der SPD auf Verhandlungen über eine Fortsetzung der großen Koalition geben wird. Wahrscheinlicher ist, dass Schulz den Gremien die Aufnahme von ergebnisoffenen Sondierungen vorschlägt.

In der SPD gibt es starke Vorbehalte gegen eine neue große Koalition nach klassischem Muster. Das von Parteichef Schulz ins Gespräch gebrachte Modell einer sogenannten Kooperationskoalition, die in weiten Themenbereichen mit wechselnden Mehrheiten regiert, stößt in der Union auf strikte Ablehnung. Merkel ist auch gegen eine Minderheitsregierung, weil sie diese für instabil hält. Die Union müsste sich dann für ihre Projekte im Bundestag jeweils eine Mehrheit suchen. Scheitern alle Bemühungen um eine Regierungsbildung, blieb auch eine vorgezogene Neuwahl als Ausweg.

SPD-Vizechef Ralf Stegner sagte im Deutschlandfunk zum Vorstoß für eine Koalition mit nur teilweiser Kooperation, man müsse "darüber doch einmal vernünftig reden, ob das ein Modell sein kann". Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) machte im Radiosender NDR-Info deutlich, diese Frage stelle sich erst, wenn sich SPD und Union in wichtigen Fragen nicht einigen könnten. "Wenn wir in allen Punkten Einvernehmen erzielen, dann würde mich das freuen. Und das würde dann sicherlich weniger Argumente liefern für die Frage einer modifizierten Regierungsbeteiligung."

Deutsche Wirtschaft wird langsam ungeduldig

Seehofer hatte erklärt, er halte von dem SPD-Vorstoß gar nichts. "Man kann nicht zum Teil regieren und zum anderen Teil opponieren. Das geht nicht." Dobrindt sagte laut einem Tweet des ARD-Hauptstadtstudios, eine sogenannte Kooperationskoalition "ist ein absolutes No-Go. Ich habe kein Interesse, mich mit der SPD über irgendeinen Kokolores zu unterhalten." CDU-Vize Julia Klöckner sagte der Rhein-Neckar-Zeitung (Mittwoch), "nur ein bisschen schwanger" gebe es nicht. "Entweder macht man es richtig oder gar nicht."

Zumeist Politiker aus der zweiten Reihe meldeten vor Beginn der Gespräche nochmals Forderungen an. So sagte Kohnen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, ihre Partei habe ihre Prioritäten auf den Tisch gelegt: Es gehe um die Solidarrente, die wirksame Begrenzung der Mietsteigerungen und das Ende der Zwei-Klassen-Medizin. "Ich erwarte von der Union ein klares Signal, dass sie sich an diesen Punkten bewegt. Dann kann man weiterreden." Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) sagte der Bild-Zeitung: "Am Migrationskonzept der Union kann ich mir keine Abstriche vorstellen."

Die deutsche Wirtschaft wird wegen der sich hinziehenden Regierungsbildung langsam ungeduldig. "Wir müssen wissen, wohin die Reise geht", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Auch der Sozialverband VdK Deutschland forderte ein Ende des politischen Stillstands. "Das Land braucht eine handlungsfähige Bundesregierung, die tragfähige Lösungen für die existenziellen Fragen und Sorgen der Menschen wie die Absicherung im Alter, bei Pflegebedürftigkeit oder Krankheit findet", sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher der Deutschen Presse-Agentur.

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